Samstag, 28. Juni 2025

Tag 49 - Orkney: Kirchen und Kühe

Schon in der Nacht legt der Wind erheblich zu und heute bläst es dann - bei Sonne und strahlend blauem Himmel - aus allen Löchern. Die Triton hat in ihrer Box Seitenwind und wir bringen noch ein paar zusätzliche Festmacher aus.
So fühlen wir uns besser, denn wir wollen die Lady heute alleine lassen, um Kirkwall und die Insel weiter zu erkunden. Gleich am Hafen beginnt die Innenstadt und eine Art Fußgängerzone (d.h. hier ist zwar keine Fahrbahn und es gibt viele Fußgänger, aber Autos fahren trotzdem hindurch).
Wir sehen schöne Fassaden und viele nette kleine Geschäfte und Galerien, die auf der Insel Hergestelltes verkaufen (z.B. Whisky, Kunst und Schmuck).
Unser Weg führt uns zur St Magnus Cathedral, die wir ja schon auf unserem Umweg vorgestern von außen gesehen haben. Sie ist aus Sandstein errichtet, der hier in der Nähe abgebaut werden konnte und an dem außen sichtbar der Zahn der Zeit nagt. Kein Wunder, denn das Gebäude wurde 1137 gestiftet.
Im nahegelegenen Visitor Center sehen wir einen kurzen, nett gemachten Film über die Geschichte des Gebäudes an. Magnus war Jarl von Orkney, Vasall des Königs von Norwegen und galt als friedfertig und gelehrt (so weigerte er sich z.B. gegen Waliser zu kämpfen, weil er mit ihnen keine Fehde hatte und betete lieber). Er regierte gemeinsam mit seinem Vetter und es kam zu Auseinandersetzungen. Bei "Friedensverhandlungen" kam dieser mit wesentlich mehr Männern und Schiffen und Magnus wurde erschlagen. Schon kurz nach seinem Tod kam es an seinem Grab zu Wunderheilungen und er wurde dann heilig gesprochen. Sein Neffe kämpfte gegen den Sohn des Verräters und gelobte, eine Kathedrale zu errichten, wenn er die Herrschaft gewinnen sollte - und so geschah es. In der Kirche ist auch ein Denkmal für den Arktis Forscher Dr. John Rae, den wir ja schon im Museum in Stromness kennengelernt haben.
Danach nehmen wir den bewährten X1 Bus Richtung St Margaret's Hope. Die Route führt nach Süden über mehrere Inseln, die mit Dämmen verbunden sind (siehe im Hintergrund auf dem Titelbild). Wie schon berichtet, war die geschützte Bucht Scapa Flow die Basis der britischen Flotte im 1. Weltkrieg und Schauplatz der Selbstversenkung der deutschen Schiffe. Auch im 2. Weltkrieg wurde die Bucht wieder als Flottenstützpunkt genutzt. Die alten Befestigungen waren in keinem guten Zustand und so gelang es einem deutschen U-Boot im September 1939, in die Bucht einzudringen und ein englisches Kriegsschiff, die "Royal Oak", zu versenken. Daraufhin ordnete Winston Churchill (damals "First Lord of the Admiralty") an, Dämme zwischen den Inseln an der Ostseite der Bucht zu errichten. Für den Bau wurden auch italienische Kriegsgefangene eingesetzt. Sie hatten das Bedürfnis nach einem Ort der Andacht und der Kommandant stellte ihnen zwei Nissenhütten aus Wellblech zur Verfügung. Unter den Gefangenen waren verschiedene begabte Künstler und Handwerker, die hier mit einfachen Mitteln ein ganz erstaunliches Gebäude geschaffen haben.
So gab es einen Kirchenmaler, der die Wände in Trompe-l'œil Technik bemalte, so dass eine 3D Illusion von Steinen, Gewölbe und Nischen entstand.
Er schuf auch das Fresko der Jungfrau Maria nach einer Karte, die er bei sich hatte. Ein begabter Schmied fertigte das Trenngitter an. Kerzenleuchter wurden aus Corned-Beef-Dosen gebastelt. Die Arbeit an der Kapelle war sehr motivierend für die Gefangenen und auch heute noch ist es ein inspririerender Ort.
Ich habe ja schon über die Abwesenheit von schottischen Hochlandrindern geklagt, die überall auf alles mögliche gedruckt und als Stofftiere verkauft werden - und zu meiner großen Freude, sehen wir heute welche "in echt" mit ihren geschwungenen Hörnern und ihrer Pony-Frisur.
Wir fahren noch eine Runde Bus bis zur Endstation und dann wieder zurück über die "Churchill Barriers" genannten Dämme. Sie bestehen aus versenkten Schiffen, Steinen und rund 66.000 Betonblöcken - wie hier im Bild (durch die sehr schmutzigen Busscheiben gemacht) zu sehen ist.
Die Triton hat unsere Abwesenheit gut überstanden. Sie legt sich im Starkwind - gesehen 37 Knoten, fotografiert 35 Knoten = Windstärke 8) etwas auf die Seite und die Leinen knarren, aber sonst ist alles OK an Bord.
Heute gibt es frühes Abendessen, denn wir haben uns mit den anderen deutsch-schweizerischen Booten noch auf ein Bier im Pub verabredet. Und so verbringen wir einen sehr netten und interessanten Abend mit den Crews der MISS SUMO, der MOMO und der FREIKERL. Alle haben schon einiges von der Welt gesehen (teilweise per Boot, teilweise mit dem Fahrrad) und wir tauschen Geschichten und Erfahrungen aus - sehr nett!
 

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