Donnerstag, 24. Juli 2025

Tag 62 - Bergen: 270 Jahre Kunstgeschichte

Wir kennen uns jetzt aus mit der Fahrt nach Bergen und so kommen wir gut mit Bus und Straßenbahn im Zentrum an. Heute ist sehr angenehmes Wetter, nicht mehr so heiß, bewölkt aber kein Regen (wir machen trotzdem alle Luken zu und hängen nichts draußen auf...). Von den zahlreichen Kulturangeboten in Bergen haben wir uns "Kode Bergen Art Museum" ausgesucht. Tatsächlich handelt es sich um einen Zusammenschluss von mehreren Museen und Komponistenhäusern von denen vier im Zentrum von Bergen direkt nebeneinander liegen. Wie sich herausstellt, ist das "Lysverkert" wegen Renovierung geschlossen, aber es gibt ja noch drei andere und so gehen wir weiter zur "Rasmus Meyer Sammlung".
Rasmus Meyer selbst war ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann aus Bergen und ein leidenschaftlicher Sammler von norwegischer Kunst. Nach seinem Tod stifteten seine Kinder die Sammlung mit der Bedingung, dass dafür ein eigenen Museum gebaut würde. Gleich der erste Ausstellungsraum ist eine Überraschung, denn alle Wände und die Decke sind bemalt. Wie sich herausstellt handelt es sich um das "Blumenthal-Zimmer", dass von dem dänischen Künstler 1756 für das Haus des niederländischen Generalkonsuls gestaltet wurde. Der Sammler Meyer hat es dann erworben und das Zimmer wurde Ausgangspunkt beim Bau des Museums.
Gezeigt werden Szenen aus dem Familienleben und der Stadtgeschichte gemischt mit moralischen und allegorischen Darstellungen, z.B. auf dem Deckengemälde ganz oben Urania, die Muse der Astronomie und links Chronos, den Hüter Zeit mit Sense und Stundenglas. In den weiteren Räumen werden dann Gemälde verschiedener norwegischer Landschaftsmaler gezeigt, darunter Johan Dahl, der viele Jahre in Dresden lebte und mit Caspar David Friedrich befreundet war. Von ihm sind die Bilder des Vulkanausbruchs und Dresden bei Mondlicht - ganz im romantischen Stil. Daneben gibt es auch Beispiele für Genre-Malerei, wie den Großvater mit Enkel von Aksel Ender.
Bei den Landschaften gefällt uns besonders gut dieses Bild der Malerin Kitty Kielland, die ein Mitglied der norwegischen Künsterkolonie in München war, aber den Sommer in Norwegen verbrachte.
Es ist eine beeindruckende Sammlung, gut zusammengestellt, und mit einen sehr informativen Audio Guide. Es gibt auch die üblichen Museums-Stühle, so dass ich mir die Bilder in Ruhe im Sitzen anschauen kann - sehr nett.
Mehrere Räume sind Edvard Munch gewidmet (bekannt durch "Der Schrei"). Wir sind fasziniert von den so sehr unterschiedlichen Malstilen, die in der Ausstellung zu sehen sind. So gibt es Werke im impressionistischen, fast pointilistischem Stil, aber auch Farbflächen, wie das Bild mit den vier Generationen links. Ganz anders das Selbstportrait unten rechts.
Nach einer Picknick-Pause besuchen wir als nächstes das "Stenersen". Hier werden wechselnde Ausstellungen von modernen Künstlern gezeigt. Aktuell sind Werke von Lotte Konow Lund (geboren 1967) gezeigt. Es gibt verschiedene Video-Installationen, aber auch Bilder und dreidimensionale Objekte.
Wir laufen durch die Ausstellung, aber wir verstehen - wie oft bei moderner Kunst - ohne weitere Erklärung durch Führung oder mindestens Texte die Absicht hinter den Werken nicht wirklich. Neben den Installationen gibt es auch noch ziemlich verstörende Grafiken und Zeichnungen. Offensichtlich geht es um verschiedene Formen von Gewalt.
Schließlich recherchiere ich etwas im Netz und so können wir das Werk "66 Minuten" ganz anders würdigen. Hier geht es um die 66 Minuten, in denen Anders Breivik im Jahr 2011 69 Personen, darunter viele Jugendliche, auf der Insel Utøya tötete. Viele der Jugendlichen versteckten sich und die Künstlerin frage ihre 9-jährige Tochter, was sie benötigen würde, um 66 Minuten lang mucksmäuschenstill zu bleiben. Der Inhalt der einen Kiste ist das Ergebnis. Ohne diese Erklärungen wären wir nicht auf die Idee gekommen, in die Kiste zu schauen (was nur auf dem Boden liegend möglich ist).
Wir gehen weiter zum nächsten Gebäude, dem "Permanenten". Hier sind gerade zwei sehr unterschiediche Ausstellungen zu sehen. Die erste ist "Nordmandsdalen", eigentlich ein Skulpturen-Garten, der zum dänischen Schloss Fredensburg in der Nähe von Kopenhagen gehört. In der Ausstellung wird die Geschichte dieser Skulpturen erzählt, die norwegische Fischer, Bauern und weiterer Untertanen des dänischen Königs in traditioneller Kleidung zeigen. Hintergrund ist, dass Norwegen und Dänemark von 1380 bis 1814 in Personalunion verbunden waren und Norwegen von Dänemark aus als Provinz regiert wurde. Die unsprüglichen Figuren wurden von den Bergener Postboten Jørgen C. Garnaas zunächst als Holzpuppen gefertigt. Später erhielt er von König den Auftrag, Elfenbeifiguren anzufertigen, die dann als Modelle für die lebensgroßen Steinskulpturen dienten. Sie waren später auf Vorlage für ensprechende Porzellan-Figurinen.
Den Abschuss unserer Reise durch die norwegische Kunst ist dann das Werk der Malerin Harriet Backer (1845-1932), die insbesondere für ihre Szenen in Innenräumen und ihre Behandlung von Licht (oft durch ein seitliches Fenster) bekannt wurde. Sie war gut befreundet mit Kitti Kielland (siehe oben) und studierte ebenfalls in Deutschland und Frankreich. Später hatte sie eine eigene Malschule in Kristiania (Oslo). Auch für diese Ausstellung gab es einen sehr interessanten Audio-Guide.
Bis auf Edvard Munch waren uns alle diese norwegischen Künstler unbekannt und wir fanden die Einblicke in die verschiedenen Epochen sehr interessant. Auf den Rückweg zum Boot steigen wir noch an einem großen Einkaufszentrum aus, um noch einmal Lebensmittel zu kaufen.
Da die Straßenbahn direkt vor dem Zentrum hält und wir direkt von der Bahn in den Bus umsteigen können, muss Ralf die Taschen nicht allzuweit tragen.
 

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