Teil 1 - USA: Dennis, MA - Newport, RI
In diesem Jahr stand die Rückführung von Cape Cod zu unserem Winterlager in Workum an und am 08.05.2019 fliegen wir zurück in die USA zum Boot. Zwei Wochen lang bereiten wir die TRITON auf die nächste Atlantiküberquerung vor: Antifouling streichen, Halterungen für den neuen Treibanker montieren, verschiedene Reparaturen vornehmen, Mast stellen, Segel anschlagen, alles Systeme wieder installieren und Testen, Großeinkauf von Lebensmitteln etc. Wir schlafen in vier Meter Höhe auf dem Boot, natürlich ohne Toilette, die ja mit Seewasser funktioniert und es ist echt kalt (die Temperaturen sind oft nur einstellig).Herzerwärmend ist dagegen die Freunlichkeit der Menschen. Carol Ann und Dana, die wir letztes Jahr in Newport kennengelernt haben und die in der Nähe wohnen, laden uns zum Essen ein. Ein alter Segler schenkt uns einen Heizlüfter, der die Situation an Bord deutlich verbessert und Toni, die gute Seele des Betriebs, hilft wo sie kann und leiht uns ihr Auto für unsere Einkaufstouren. Die Marina verkauft auch Ersatzteile und es gibt einen kleinen Imbiss, wo wir uns regelmäßig stärken können. In zwei Tagen segeln wir dann das Boot durch den Cape Cod Canal nach Newport, RI, von wo aus wir starten wollen. Dort kaufen wir noch frische Lebensmittel und warten auf das OK von unserem Wetterrouter Chris Parker: klick
Teil 2 - Atlantik: Newport, RI - Lajes des Flores (Azoren)
Wir fahren am Nachmittag los und hinein in relativ ungemütliches Wetter zunächst mit starkem Wind und Wellen. Zwischendurch verlässt uns der Wind um dann noch stärker zurückzukommen. Wir verlieren unser Fenderbrett und (zunächst unbemerkt) unseren Gennaker-Rüssel. So ohne große Eingewöhnung fühlen wir uns nicht wirklich gut. Zur latenten Übelkeit und Kälte kommt dann noch eine völlig mondlose Nacht... langsam frage ich mich, was ich hier eigentlich mache...
Wir haben uns nicht ganz an den Plan von Chris gehalten, der uns erst weit nach Süden geschickt hat, sondern sind etwas früher nach Westen abgebogen... Leider haben wir nicht bedacht, dass er seine Ein- und Austrittspunkte aus dem Golfstrom mit Bedacht gewählt hat, um seitliche Strudel zu vermeiden. Der Wind ist - wie angesagt - weggegangen, die Wellen sind aber noch da und wir schaukeln heftig herum, der Motor läuft nur langsam, um Sprit zu sparen und auf einmal zeigt unsere Kurslinie auf dem Plotter nach hinten... wir brauchen eine Weile, bis wir darauf kommen, dass wir hier 3 kn Gegenstrom haben und bei knapp 3 kn Geschwindigkeit eben nach USA zurück fahren...
Aber am 4. Tag sieht die Welt dann schon ganz anders aus: der Gegenstrom ist vorbei, der Himmel ist blau, wir haben den richtigen Wind in der richtigen Stärke, die Temperaturen steigen und mit ihnen die Stimmung an Bord. Der Rest der insgesamt 17 Tage verläuft dann schön und ereignislos. Wir wechseln uns mit den Wachen ab, essen die leckeren Sachen an Bord, backen Brot, duschen auf dem Achterdeck, lesen, hören Musik, schreiben Blog... Manchmal besuchen uns Delfine und jeden Morgen und Abend können wir Sonnenauf- und untergänge genießen. Wir holen täglich selbst die Wetterdaten als Grip-Files ab und bekommen regelmäßig Updates von Chris Parker, der uns um Starkwind und Flauten herumsteuert. Nach 2239 sm kommen wir abends in Lajes des Flores auf der westlichsten Azoreninsel an - eine insgesamt sehr gute Überfahrt.
Teil 3 - Azoren: Flores - Faial - São Jorge - Terceira - São Miguel
Bevor wir losgefahren sind, habe ich viele Bücher von anderen Langfahrtseglern gelesen und mir viele Gedanken gemacht. Was ich nicht auf dem Schirm hatte, und was sich im nachhinein als die beste Erfahrung herausstellte, waren die Begegnungen mit anderen Seglern. Wer hier in Lajes liegt, ist über 1000 sm gesegelt und jeder hat eine Geschichte zu erzählen. Schon als wir vor dem Hafenbüro auf das Einchecken warten, kommen wir ins Gespräch. Am nächsten Tag machen wir dann mit einer wirklich internationalen Truppe eine Inselrundfahrt auf Flores: zwei Engländer, ein Schotte, der in USA lebt, mit seiner englischen Frau, zwei Finnen, ein belgischer Einhand-Segler, wir zwei Deutschen und der portugiesische Führer. So weit westlich kommen nicht viele Touristen und es stellt sich heraus, dass unser Guide mittags auch noch als Schulbus arbeiten muss...
Wir wären gerne länger auf Flores geblieben, müssen aber den Hafen wegen der ungünstigen Ostwindlage verlassen und - echt hart - nach Faial aufkreuzen. Dort bleiben wir eine Weile in Horta liegen, einem bekannten Stop auf der Route über den Atlantik. Wir besuchen natürlich das berühmte Peter's Cafe Sport, machen Ausflüge auf die Halbinsel "Ponta dos Capelinhos", die sich durch einen Vulkanausbruch gebildet hat und besuchen die Nachbarinsel Pico mit der Fähre um dort die Weinfelder zu bewundern. Daneben gibt es einiges zu reparieren, Wäsche zu waschen und nette Gespräche zu führen. So treffen wir Tom, den wir mit seinem Schiff zuletzt auf Grenada gesehen haben, und der jetzt hier in Horta auf einem Expeditionsschiff arbeitet.
Unsere nächste Insel ist dann São Jorge, das uns mit seinen netten Kühen, dem leckeren Käse und den vielen Naturschwimmbädern ganz besonders gut gefällt. Von dort segeln wir nach "Angra do Heróismo" auf Terceira. Die Stadt ist UNESCO Weltkulturerbe und hat entsprechend viel zu besichtigen. Außerdem finden gerade die "Sanjoaninas" ein 10-tägiges Fest mit jeder Menge Veranstaltungen. Wir erleben eine Prozession, einen Umzug mit geschmückten Wagen, einen Straßen-Stierkampf am Seil und ein großes Feuerwerk. Von Terceira aus segeln wir dann nach São Miguel, der Hauptinsel, die uns etwas zu voll und zu touristisch ist. Insgesamt haben uns die Azoren aber sehr, sehr gut gefallen. Klima, Natur, Kultur, Essen, Preise, Begegnungen... alles vom Feinsten!
Teil 4 - Atlantik: São Miguel - Scilly-Islands
Einen guten Monat haben wir auf den Azoren verbracht, aber nun ist es Zeit, Abschied zu nehmen und die letzte große See-Strecke zurück nach England zu segeln. Wir bekommen wieder ein Wetterrouting von Chris Parker. Durch das Azorenhoch ist erst mal kein Wind und so müssen wir zwei Tage nach Norden motoren, bevor es dann unter besten Bedingungen mit halben Wind, Sonne und Delfinen weitergeht. Bei der Annäherung an England wird dann das Wetter unbeständiger und es gibt auch mal etwas Regen oder Nebel. Wir merken, dass wir dem englischen Kanal - einer der befahrendsten Seestraßen der Welt - näherkommen, denn zum ersten Mal in dieser Saison gibt es nennenswerten Schiffsverkehr. Nach 10 Tagen und 1234 sm kommen wir wohlbehalten auf den Scilly-Islands an und nehmen eine Mooring zwischen Tresco und Bryher.
Teil 5: Scilly-Islands: Tresco - Bryher - St. Martin's - St. Mary's
Die Isles of Scilly bestehen aus mehr als 140 Inseln und über 90 Felsen vor der Südwestspitze Englands von denen fünf bewohnt sind. Mit unserem Liegeplatz haben wir eine ideale Ausgangsposition, um Tresco und Bryher mit dem Beiboot zu besuchen. Tresco ist - wie sich herausstellt - ein Privatinsel, die von einer Familie betrieben wird. Die ganze Insel ist also ein einziges gepflegtes Ressort und wirklich ein Schmuckstück. Es gibt zahlreiche Ferien-Cottages und einen sehr gut sortierten Inselladen. Ein weiteres Highlight ist der wunderschöne botanische Garten - sehr sehenswert.
Die Nachbarinsel Bryher ist winzig und etwas ursprünglicher. Zwischen den Inseln ist es flach und fällt bei Ebbe teilweise trocken und so mieten wir uns ein kleines Segelboot, um St. Martin's zu besuchen. Es gibt wieder wunderbare Natur, nette kleine Läden und einen sehr guten Cream-Tea. Von hier werden Schnittblumen in die ganze Welt verschickt. Die Triton wird erst wieder bewegt, um nach St. Mary's, der Hauptinsel, zu fahren, die wir dann mit gemieteten Fahrrädern erkunden. Uns haben die Scilly-Island ausgezeichnet gefallen - auf jeden Fall eine Reise wert!
Teil 6 - Englische Südküste: St. Mary's - Dover
Wir sind mit unserem Sohn Jan in Penzance verabredet und so nehmen wir Abschied von den schönen Scilly-Islands. Auf unserem Weg nach Holland müssen wir durch den englischen Kanal und wir haben uns dieses Jahr für die britische Seite entschieden, da wir nicht wissen, wie das nach dem Brexit mit Krankenversicherung und Telefonkarten in UK ist... also nochmal die Gelegenheit nutzen. Hier sind wir in vertrauten Gewässern, denn auf unserer Tour "Round Britain Light" sind wir schon einmal hier gewesen. Wir wollen vor einem dicken Tiefdruckgebiet die Überfahrt von St. Mary's nach Penzance machen. Alles klappt prima und wir liegen sicher im Hafen, als der starke Wind kommt.
Mit Jan besuchen wir St.-Michaels-Mount, eine Art Mini-Mount-Saint-Michelle, und schließen unseren Kreis in Falmouth, wo wir im August 2017 zu der Biskaya-Überquerung aufgebrochen sind. Ein gutes Gefühl! Wir fahren weiter die Küste entlang, mit Abstechern in verschiedene Flussmündungen und treffen Teilnehmer des Fastnet-Races, die uns natürlich flott überholen. Unser Tagesziel ist ebenfalls Plymouth, aber wir bekommen - wegen des Rennens - keinen Platz in einer der Marinas. Jetzt merke ich, dass wir auf unserer Reise etwas gelernt haben, denn wir ankern einfach in der großen Bucht vor der Stadt - das hätte ich vor den guten Ankererfahrungen auf der Reise niemals gemacht.
In Weymouth verlässt uns Jan Richtung Heimat und wir bereiten uns auf den letzen Schlag vor. Ein Blick auf Karte und Zeit bis zum Treffen mit Paul in Rotterdam zeigt, dass wir jetzt nicht trödeln dürfen. Wir segeln also zügig und mit reichlich Wind über Eastbourne nach Dover. Mit der richtigen Planung können wir dabei die Tide als Schiebestrom nutzen.
Teil 7 - Zurück in die Niederlande: Dover - Workum
In Dover nehmen wir uns noch die Zeit, das Castle zu besichtigen und dann queren wir wieder den Ärmelkanal mit seinem starken Schiffsverkehr nach Dunkerque. Frankreich ist aber nur ein kurzer Zwischenstopp und Belgien mit seiner zugebauten Küste lassen wir gleich ganz aus und navigieren durch die bekannten Belgischen Sände zum ersten niederländischen Hafen Cadzand.
Durch die Westerschelde und verschiedene Kanäle kommen wir dann zuzusagen hintenrum nach Rotterdam - ein echtes Erlebnis mit reichlich Schleusen, Brücken und Schiffsverkehr! Hier treffen wir unseren Sohn Paul und verbringen erst einmal schöne Tage mit Sightseeing im sehr sehenswerten Rotterdam. Dann geht es durch den gesamten Hafen von Rotterdam hindurch zurück in die Nordsee und dann nach IJmuiden. Leider sieht die Windvorhersage schlecht aus so beschließen wir, gleich wieder eine Kanalfahrt durch Amsterdam ins IJsselmeer zu machen. Dort verbringen wir noch ein paar sonnige und gemütliche Tage bis wir dann wieder in unserem Ausgangshafen Workum festmachen können.
Noch etwas Statistik:
Seemeilen: 4.597
Motorstunden: 148 (ca. 10%)
Segeltage: 58
Liegetage: 57
Nächte auf See: 28
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