Schon als wir angekommen sind, hat Ralf einen sehnsüchtigen Blick auf kleine, klassisch aussehende Segelboote geworfen... eine kurze Recherche ergab, dass es sich um Boote der Art "Island Pilot" handelt, die früher auf Bryher gebaut wurden und dort gemietet werden können. Gestern haben wir alles klar gemacht und die Einweisung bekommen und daher können wir heute mit unserem eigenen Dinghy zur Mooring von "TIPSY" fahren. Das Boot ist 4,90 m lang (plus Bugspriet), aus GFK und gaffelgetakelt (der Mast relativ kurz und oben am Segel zur Verlängerung die Gaffel) mit einem aufholbaren Schwert (wichtig bei Niedrigwasser) und einem Außenbordmotor.
Als Tagesziel haben wir uns St. Martin's ausgesucht, eine weitere der fünf bewohnten Inseln. Mit dem Flutstrom und dem aktuellen Wind sollten wir gut dorthin kommen und, weil nachmittags der Wind drehen soll, auch wieder - ohne zu viel kreuzen - zurück. Der Hinweg klappt schon mal sehr gut, die TIPSY segelt recht flott und gutmütig und wir brauchen nur 1,5 Stunden. Vor St. Martin's werfen wir Anker und dann müssen wir erst einmal unser Mini-Beiboot aufpumpen, um an Land zu kommen. Gefühlt ist es ca. 1,60 x 1,00 m groß und mit uns beiden an Bord etwas überladen...
...aber wir schaffen es ohne größere Probleme an Land und können am netten Strand anlegen...
St. Martin's ist auch nicht wirklich groß mit einer Fläche von 2,4 Quadratkilometern und 134 Bewohnern. Es gibt drei Ansiedlungen, fantasievoll benannt als "Higher Town", "Lower Town" und "Middle Town".
Higher Town liegt überraschenderweise auf einem Hügel, von dem aus wir einen wunderschönen Blick über unsere Ankerbucht und die (unbewohnten) Nachbarinseln haben. Auf den Azoren blühten überall die Hortensien, hier auf den Inseln sind es die Schmucklilien (Agapanthus), die immer wieder für Farbakzente sorgen.
Wir kommen vorbei an der netten, aber sehr kleinen Inselkirche (ich schätze, es gibt drinnen ca. 50 Sitzplätze)...
...und direkt daneben an der entsprechend benannten "Churchtown Farm" auf der Blumen gezüchtent und dann verpackt und verschickt werden. Muttertag und Weihnachten sind Hochsaison und es werden immerhin 18 Personen beschäftigt!
Auch St. Martins hat die typischen Cottages aus Granitsteinen und eine der obligatorischen alten roten Telefonzellen...
Ich komme mir fast vor, wie in einem Museumsdorf - hier gibt es eine kleine Bäckerei und einen Schuhmacher, der wirklich noch Schuhe per Hand anfertigt.
Direkt daneben ist auch wieder eine kleine Kunstgalerie in der es unter anderem Linolschnitte von einem Künstler-Ehepaar gibt, die ihre Sommer auf St. Martin's verbringen. Es gibt tatsächliche einen mit einem Boot, dass wir die TIPSY aussieht und da müssen wir nicht lange überlegen...
Zum Mittagessen gab es nur ein paar belegte Brote an Bord und so sind wir bereit für einen Abstecher in der fast unwirklich hübsche Café...
...wo wir uns einen "Cream Tea" (oder in Ralfs Fall Cream Coffee) mit Scones, Clotted Cream und Erdbeermarmelade gönnen.
Nun ist es an der Zeit, uns auf den Rückweg zu machen. Mittlerweile ist das Wasser fast ganz weg und wir müssen unser Beiboot ein ganzes Stück über den Strand tragen (und sind jetzt froh, dass es nicht so groß ist).
Wie in der Vorhersage angekündigt, hat der Wind gedreht und ist stärker geworden, so dass wir schnell unterwegs sind.
Wir haben nicht viel Tiefgang und können im Zweifelsfall noch das Schwert hochholen, aber jetzt bei Ebbe müssen wir doch aufpassen, wo wir entlangfahren. Überall liegen Steine, teilweise nur knapp unter der Oberfläche und insbesondere die Einfahrt zwischen Bryher und Tresco ist ziemlich flach. Ich habe eine Navigations-App auf meinem Smartphone aber trotzdem berühren wir ein oder zweimal leicht den Sandboden. Hellgrün heißt, dass diese Stellen bei extremer Ebbe sogar trockenfallen.
Wieder ein toller Ausflug und uns hat das Segeln in einem kleinen Boot viel Spaß gemacht. Die Entfernungen zwischen den Inseln sind nur kurz und der variable Tiefgang ist in einem Tidenrevier wirklich hilfreich!
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