Donnerstag, 16. Juni 2022

Tag 32: Île de Noirmoutier: 42 km

Auf dem Weg zur Hafenmeisterei entdeckt Ralf im Wasser seinen vermissten Schuh! Wir können zwar nicht aufklären, wie er dorthin geraten ist, aber mit Hilfe einer langen Stange, gelingt es, ihn anzulanden, aus dem Wasser zu holen und mit seinem Kollegen wieder zu vereinen - sehr gut!
Nach dieser Rettungsaktion holen wir die bestellten Fahrräder beim Hafenmeister ab. Es dauert etwas, bis die Kaution (diesmal 2000 €) erfolgreich gebucht werden kann, aber dann geht es los. Heute übernehme ich die Navigation und ich habe einen Rundkurs zu verschiedenen netten Orten geplant: L'Herbaudière (unser Hafen) - Salzgärten - L'Epine - La Guérnière - Noirmourier en l'Île - Le Vieil - L'Herbaudière.
Ralf, der eine Papierkarte hat, ist mit der Routenführung nicht ganz einverstanden. Wir können uns dann aber auf einen offiziellen Fahrradweg einigen (siehe Titelbild). Davon gibt es insgesamt 83 km auf der Insel, überwiegend Nebenstraßen oder für Autos verboten und ganz hervorragend ausgeschildert. Auch hier gibt es wieder Salzgärten mit dem entsprechenden Werkzeug. Rund 1/3 der Insel werden von ca. 100 Bauern zur Salzgewinnung genutzt.
Mit unseren bei der Führung in den Salzgärten der Guérande erworbenen Kenntnissen ist uns klar, dass die Reservoirs vermutlich gerade aufgefüllt worden sind, da Springzeit ist. Und die Wärme zusammen mit dem Ostwind sind gute Bedingungen, um Salz zu ernten. Auf einigen Becken hat sich sogar das begehrte "Fleur de Sel" wie eine dünne Eisschicht an der Oberfläche gebildet.
Tatsächlich können wir dann auch einen Salzbauern bei der Ernte mit Hilfe eines 5 m langen Holzschiebers (Las) beobachten. Damit wir das grobe Salz vom Boden der Becken gesammelt. Zum Abschöpften des Fleur de Sel gibt es ein spezielles anderes Werkzeug.
Wir werfen einen Blick auf das Meer an der Westseite der Insel - oder besser auf die Stelle, an der das Meer bei Flut ist, denn im Moment ist wenig Wasser zu sehen...
...und fahren dann hinüber auf die Ostseite nach La Guérnière. Morgens hatten wir noch Jacken an, aber mittlerweile ist es sehr heiß geworden und die Sonne knallt gnadenlos vom Himmel. Es gestaltet sich schwierig, ein schattiges Plätzchen für unsere Mittagspause zu finden und schließlich setzen wir uns auf den Boden unter einen Baum.
Während ich mein Baguette esse betrachte ich versonnen die auf dem Platz angebrachten Wahlplakate und hoffe inständig, dass die betreffenden Politiker bessere Arbeit machen als die Fotografen und Designer dieser Machwerke. Die gängige Taktik ist es, den lokalen Kanditen bzw. Kandidatin zusammen mit dem oder der Parteiführer*in abzubilden. Das ganze wird dann vor einem unscharfen Hintergrund gesetzt. Dabei ist es egal, ob die Portraits die gleiche Größe oder Lichttemperatur haben... Angabe der Partei oder eines Wahlslogans ist offensichtlich auch nicht nötig... ein echtes Horrorkabinett!
Nun würde ich gerne eine Siesta im Schatten verbringen, aber Ralf gefällt der Platz nicht und er möchte noch - abweichend von meiner schönen Planung - weiter Richtung Barbâtre. Das liegt auf dem schmalen unteren Teil der Insel und der Weg dahin ist schattenlos und schnurgerade, so dass ich dann irgendwann meutere. Hier gibt es nix zu sehen, die Geschäfte im Ort haben in der Mittagszeit zu und es ist einfach nur heiß und dooooof. Wir kehren also um und fahren zurück zum Hauptort Noirmoutier, wo wir dann in einem Café im Schatten sitzen und etwas trinken können - was die allgemeine Laune wesentlich verbessert! Direkt vor uns liegt der Hafen, den wir aber nicht anlaufen könne, denn bei Ebbe ist hier kein Wasser mehr.
Wir machen noch einen kleinen Umweg zum Lidl, um uns für das Abendessen zu versorgen und setzten dann "meinen" Rundweg fort. Glücklicherweise ist etwas Bewölkung aufgekommen und das Radfahren wird dadurch wieder richtig angenehm. Wir schauen noch auf einen Strand an der Nordseite - mittlerweile mit etwas mehr Wasser.
Auffällig auf der Insel ist der Baustil der Häuser. Sie sind weiß verputzt mit bunten Fensterläden (angeblich früher mit Farbe gestrichen, die von den Fischerbooten übrig war) und mit runden Dachziegeln aus gebranntem Ton in Erdfarben. Das ergibt zusammen mit den blühenden Gärten ein hübsches und südländisches Bild.
Ralf hat ausgerechnet, dass wir heute insgesamt 42 km gefahren sind - eine sehr schöne Tour auf einer sehenswerten Insel mit toller Fahrrad-Infrastruktur.

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