Donnerstag, 8. Juli 2021

Tag 11 - Amsterdam: 800 Jahre Kunst und Geschichte

Wir haben noch einmal Karten für ein Museum bestellt - heute ist es das Rijksmuseum, das in einem eigens dafür errichteten Gebäude niederländische Kunst zeigt.
Auch dieses Museum wurde 10 Jahre lang aufwendig renoviert und schon der erste Blick auf den Innenhof ist beeindruckend.
Uns ist klar, dass wir nicht alles ansehen können. Das Museum bietet eine eigene App an, die verschiedene Audio-Führungen enthält. Aus der reichhaltigen Auswahl entscheiden wir uns für die "Highlight Gallery of Honor", die Werke aus dem "Goldenen Zeitalter" der Niederlande, also dem 17. Jahrhundert enthält. Als protestantische Republik inmitten von katholischen Königreichen hatte das Land eine Sonderstellung in Europa. Es gab kaum Geburtsadel und reiche Kaufleute, Reeder, Bankiers und Unternehmer bestimmten das politische und gesellschaftliche Leben. Der Ost-Indien-Handel führte zu wirtschaftlichem Wohlstand und der Blüte von Kunst und Kultur. Ober- und Mittelschicht waren Abnehmer für zahlreiche Kunstwerke. Eine Auswahl davon befindet sich in der Ehrengalerie, die dann zum Hauptwerk, Rembrandts Nachtwache, führt.
Unterwegs hören wir uns Erklärungen zu verschiedenen Werken an, darunter ein Stillleben von van Dijck, ein Kinderportrait von Verspronck, die berühmte Windmühle von Ruisdael und verschiedene Werke von Vermeer. Hier gefällt mir besonders eine Straßenszene, die im Zusatzmaterial der App mit der aktuellen Straße verglichen wird.
Schließlich kommen wir bei der Nachtwache an, die bekanntermaßen eine Szene am Tag darstellt. Ungewöhnlich ist, dass die Portraitierten nicht einfach als Gruppe posieren, sondern in Aktion gezeigt werden. Das Bild wird gerade mit verschiedenen Verfahren aufwendig untersucht. 

Wir machen dann einen Sprung ins letzte Jahrhundert und besichtigen die Sammlung 1900-1950, wo ich mir einen Schreibtisch mit Stuhl und Lampe aussuche - allerdings wären mir andere Farben lieber...
Unsere nächste Station ist dann 1950 - 2000, eine Zeit der neuen Freiheit und Liberalität nach dem 2. Weltkrieg und der deutschen Besatzung. Ralf posiert im Titelbild zwischen zwei Kleidern von Paco Rabanne und Emmy van Leersum. Der Einfluss der Flower-Power-Bewegung ist beim "Wombtomb" der Künstlerin Ferdi zu sehen, ein plüschbezogener Sarg, der gleichzeitig eine Vagina ist.
Die ganze Kunst hat uns hungrig gemacht und wir stärken uns im Museums-Café - optisch sehr schön, geschmacklich eher mäßig.
Als letzte Station besuchen wir noch die Abteilung 1800-1900, wo unter anderem Werke von van Gogh zu sehen sind. Uns fallen an einigen Gemälden zusätzliche weiße Schilder auf. Diese bringen die Werke in einen kritischen Zusammenhang zu Sklaverei und Kolonisierung. Dieses Bild zeigt den holländischen König Willem II, der auf eine Petition zur Abschaffung der Sklaverei aus wirtschaftlichen Gründen ablehnend reagierte. Funfact: Die Niederlande sind erst seit 1813 ein Königreich, Willem erst der 2. König. Er hatte fünf Kinder, drei Söhne und eine Tochter. ALLE Söhne hießen mit erstem Namen Willem und die Tochter Wilhelmine...)
Auf dem Rückweg zum Boot werfen wir noch einen Blick auf die vielen verschiedenen Giebel der Häuser, klassisch und modern. Die Dame im roten Kleid erinnert mich an die handarbeitende Frau im Bild von Vermeer.
Wieder beeindrucken uns auch die Vielzahl von Radfahrern, die extrabreiten Radwege und die riesigen Fahrradparkplätze. Neben dem Bahnhof wird gerade ein neues Fahrradparkhaus gebaut...
Nach einem Blick auf die Wetteraussichten - immer noch kein günstiger Wind für die Fahrt nach Südwesten - haben wir uns entschlossen, noch einen Tag in Amsterdam zu bleiben. Allerdings wollen wir uns nicht mehr ins touristische Getümmel stürzen, sondern Arbeiten am und auf dem Boot und im "Boatoffice" erledigen.

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