Mittwoch, 7. Juli 2021

Tag 10 - Amsterdam: Seefahrt im Museum

Immer, wenn es die Möglichkeit gibt, besuchen wir Schifffahrtsmuseen und wir haben schon eine ganze Menge gesehen - zuletzt in Bremerhaven letztes Jahr. Das in Amsterdam kennen wir noch nicht und so haben wir uns gestern noch Karten gebucht. Heute klappt es besser mit dem Radfahren und der Fähre und so kommen wir pünktlich im Museum an.
Es befindet sich im ehemaligen Marine-Arsenal, dass 1656 auf einer künstlichen Insel errichtet wurde. Da sich die Stadt auf einem ehemaligen Sumpfgebiet befindet, müssen die Gebäude auf Holzpfählen gebaut werden. Alleine unter dem Arsenal befinden sich 2300 Pfähle aus Norwegen. Im Rahmen einer aufwendigen Renovierung wurde der Innenhof mit einer Konstruktion aus Glas und Stahl überdacht, die an die Linien auf alten Seekarten erinnern soll - sehr eindrucksvoll. Um den Echo-Effekt des Raumes zu minimieren, sind im Boden Schlitze angebracht.
Nachdem wir die Architektur bewundert haben, wenden wir uns der Sammlung zu. Es handelt sich um ein modernes Museum, in dem nur relativ wenig Exponate gezeigt werden, diese jedoch interaktiv und mit umfangreichen Erklärungen, auch durch einen ensprechenden Audio-Guide. Wir besuchen zunächst einen Teil, in dem die Seefahrtsgeschichte der Niederlande dargestellt wird. Nach dem 1581 die "Republik der Sieben Vereinigten Provinzen" gegründet worden war und diese den (katholischen) spanischen König abgesetzt hatte, begann der Aufstieg der Niederlande zur führenden Wirtschaftsmacht mit der größten Handesflotte Europas (Goldenes Zeitalter). Dazu trug insbesondere der "Gewürzhandel" mit Indonesien bei. Aus dieser Zeit stammt die "Vereinigte Ostindische Compagnie" (VOC), die erste Aktiengesellschaft, die Gründung der ersten Bank außerhalb Italiens und der Amsterdamer Börse.
Später mussten diese Erfolge dann gegen die Engländer und Franzosen verteidigt werden. Kritisch setzt sich das Museum mit der Kolonialisierung und mit dem Sklavenhandel auseinander. In einer Sonderausstellung wird das Thema Kolonien anhand der Banda-Inseln bearbeitet. Die Autorin zeigt in "I love Banda", wie sich sechs junge Menschen mit dem Thema Vergangenheit, Identität und Jugend auseinandersetzen. Wir besuchen dann das Außengelände und dort ist Ralf natürlich sofort an der "Christiaan Brunings" interessiert, einem dampfbetriebenen Eisbrecher, Baujahr 1900. Er kommt auch gleich ins Gespräch mit einem der ehrenamtlichen Helfer.
Ein weiteres Ausstellungsstück ist die aufwendig restaurierte Königliche Barkasse der Niederlande, die 1818 gebaut wurde und seitdem etwa 30x für zeremonielle Anlässe Verwendung fand, zuletzt zu silbernen Hochzeit von Königin Juliana und Prinz Bernhard 1962. Nach der Restauration ist sie jetzt wieder einsatzbereit, falls ein Monarch das Bedürfnis nach einer Bootsfahrt verspürt. Uns gefällt natürlich besonders gut, dass am Bug nicht nur Neptun dargestellt ist, sondern auch drei "Tritonen", die auf Muschelhörnern blasen.
Als wir zum Mittagessen in den Innenhof zurückkehren, erleben wir noch den Schluss der "Future for the Past" Vorführung, einer interaktiven Führung  und Performance an verschiedenen Orten in Amsterdam, die sich ebenfalls mit der Kolonialgeschichte auseinandersetzt und im Schifffahrtsmuseum endet. 
Nach dem Essen gehen wir dann noch zu den "Navigationsinstrumenten" (siehe Titelbild). Die Instrumente sind uns bekannt, wir benutzen sie (oder ihre modernen Nachfolger) regelmäßig oder haben sogar historische Exemplare daheim. Aber immer gibt es etwas neues zu lernen. Anhand eines interaktiven Logbuchs sehe ich mit Erstaunen, dass die niederländischen Schiffe nach Umrundung des Kaps der Guten Hoffnung (Südspitze Afrikas) nicht direkt nach Indonesien gefahren sind, sondern erst auf dem gleichen Breitengrad nach Osten, bevor sie auf Nordkurs gingen.
Wir schauen uns noch historische Seekarten an, laufen aber an der Wal-Ausstellung vorbei denn zu diesem Thema haben wir eindrucksvolle Museen auf Madeira, den Azoren oder in Nantucket besucht. Unseren Kaffee nehmen wir vor dem netten Clubhaus von Aeolus und dann ist es für mich Zeit für einen längeren Video-Call in die Heimat. Ralf besorgt noch einiges im Baumarkt und ein neues Fahrradschloss, denn wir wurden hier im Club eindrücklich darauf hingewiesen, dass unsere dünnen Schlösser für Amsterdam nicht ausreichen... Hier ein Beispiel für das hier verwendete Schloss-Format:

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