Samstag, 23. Juni 2018

Tag 354 - Washington D.C.: Kunst satt

Grau und regnerisch – ein idealer Tag, um ins Museum zu gehen. Diesmal haben wir uns aber kein maritimes Museum ausgesucht, sondern wir wollen uns mit amerikanischer Kunst beschäftigen. Dazu machen wir uns auf den Weg zur amerikanischen Hauptstadt Washington D.C.

Dazu fahren wir erst einmal mit dem Bus zur Metro-Station. Zumindest haben wir das vor. Wir sind so früh, dass wir noch in einem sehr netten Café frühstücken können (und dort zufällig wieder das deutsche Paar von gestern treffen). Dann stellen wir uns rechtzeitig an die Haltestelle. Was nicht kommt, ist der Bus… Er trifft dann mit rund 15 Minuten Verspätung ein und auch sonst fühlt er sich etwas „karibisch“ an. Der Busfahrer fährt erst einmal eine Tankstelle an, um sich mit frischem Kaffee zu versorgen und nach einer Weile kommen wir wieder an unserer Einstiegs-Haltestelle vorbei… Wie sich herausstellt, hatte ein Fahrgast den Ausstieg verpasst und er hat einfach nochmal eine Runde gedreht… Aber schließlich erreichen wir die Bahnstation, wo wir dann in die Metro umsteigen können und problemlos bis zu unserem Ziel fahren.
In Washington gibt es eine Vielzahl von berühmten Museen, so dass wir wirklich die Qual der Wahl haben. Wir haben uns dann das „Museum of American Art“ und die „National Portrait Gallery“ ausgesucht, die beide im selben Gebäude untergebracht sind. Diese und noch 17 weitere Museen und ein Zoo werden von der „Smithonian Institution“ betrieben. Die Institution wurde mit Mitteln aus dem Nachlass des englischen Wissenschaftlers John Smithson gegründet, der den Vereinigten Staaten das Geld mit dem Auftrag es „zur Vermehrung und Verbreitung von Wissen zu verwenden“ hinterlassen hatte. Der Eintritt in allen Museen ist frei.

Wir finden es immer gut, wenn es Führungen gibt, weil sich Kunstwerke durch Hintergrund-informationen oft besser erschließen. Hier nehmen wir an zwei Führungen durch die Highlights der jeweiligen Museen teil. Schon die Architektur ist eindrucksvoll, insbesondere der überdachte Innenhof, ein Design des Büros von Norman Foster, der (unter anderem) auch die Reichstagskuppel in Berlin geschaffen hat.
In der Abteilung „American Art“ werden alle Regionen und Kunstbewegungen der Vereinigten Staaten abgedeckt. Das reicht von idealisierte Landschaftsmalerei über Impressionismus bis zu sogenannter „Self-Taught-Art“. (Mir) bekannte Namen wie Georgia O’Keeffe, John Singer Sargent und Edward Hopper sind natürlich auch vertreten. Mein Favorit ist der moderne Flügel, z.B. dieses Kunstwerk von David Hockney  - Snails Space with Vari-Lites, "Painting as Performance" - das mit unterschiedlichen Lichtstimmungen beleuchtet wird und dadurch immer wieder sein Aussehen verändert. Für weitere Informationen siehe die umfangreiche Internetseite: klick
In die Portrait Gallery werden Personen aufgenommen, die die USA und ihre Kultur prägen oder geprägt haben. Sie vereint dadurch die Aspekte Geschichte, Biografie und Kunst. Unter anderem gibt es eine vollständige Sammlung der Portraits aller amerikanischeren Präsidenten – und teilweise auch der First Ladies. Die Bilder von Barack Obama (von Kehinde Wiley) und Michelle Obama (von Amy Sherald) sind erst dieses Jahr der Sammlung hinzugefügt worden und beide sind bei den Besuchern sehr beliebt (insbesondere für Selfies). Viele der anderen Präsidenten-Portraits sind sehr konventionell in klassischen Posen, aber John F. Kennedy und Bill Clinton stechen heraus.
Der Maler George Catlin besuchte in den 1830er Jahren verschiedene Indianerstämme und malte zahlreiche Portraits und Alltagsszenen. Ich erinnere mich, dass ich als Kind ein Buch über Indianer mit seinen Bildern hatte und ich habe einige davon wiedererkannt.
Eine Sonderausstellung beschäftigt sich mit Silhouetten als Portraits. Da sind natürlich die klassischen Scherenschnitte zu sehen, eine preisgünstige Möglichkeit in den Zeiten vor der Fotografie. Uns faszinieren am meisten die Arbeiten der japanischen Künstlerin Kumi Yamashita, die mit ganz einfachen Materialien (Holz, Papier, Lichtquelle) körperlos erscheinende Schattenrisse erzeugt.
Ganz neu eröffnet ist eine weitere Sonderausstellung „UnSeen: Our Past in a New Light“. Darin wird thematisiert, dass Portraits üblicherweise „reiche weiße Männer“ zeigen, weil nur diese die Mittel hatten sich malen zu lassen. Der Künstler Ken Gonzales-Day fotografiert dazu historische Kunstgegenstände in anderen Zusammenhängen.
Der Ansatz von Titus Kaphar ist ein ganz anderer. Er malt Portraits in klassischem Stil und zerschneidet, faltet oder zerknüllt dann die Leinwand, um eine zweite Ebene hinter dem Portrait zu zeigen. So ist das Bild von Präsident Thomas Jefferson halb aus dem Rahmen gerissen und dahinter ist seine langjährige Geliebte, die 30 Jahre jüngere Sklavin Sally Hemings zu sehen. Weitere Informationen über die Portrait Gallery gibt es hier: klick
Alleine in diesem Museum könnten wir noch Tage zubringen… Ganz erfüllt mit Eindrücken machen wir uns auf den Heimweg. Diesmal nehmen wir den Pendlerbus direkt von Washington nach Annapolis. Durch Regenwetter und Freitagnachmittag gibt es viel Verkehr und so dauert es eine ganz Weile, bis wir wieder an Bord sind.

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