Freitag, 24. Juni 2022

Tag 40 - Les Sables d'Olonne - Ansteuerung Gironde: Ein Job für Sir Henry

Geplant ist, früh loszufahren, um mit ausreichend Wasser einen Hafen auf der Insel Oleron anlaufen zu können. Das soll dann der Zwischenstopp für unseren Zielhafen Port Medoc in der Gironde-Mündung sein. Vor dem Auslaufen schauen wir noch einmal auf den Wetterbericht: heute kräftiger Wind, aber in den nächsten Tage eher tote Hose. Da wir keine Lust haben, 50 sm zu motoren (schließlich haben wir Segeln gebucht), entscheiden wir spontan, direkt nach Port Medoc durchzufahren. Nun geht es um die richtige Zeitplanung, denn bei auflandigem West-Südwest Wind muss die Einfahrt gut überlegt werden. Durch die Strömung der Gironde läuft der Ebbstrom länger aus der Mündung, bzw. der Flutstrom, den wir nutzen wollen, beginnt später. Unser sehr guter englischer Revierführer (Nick Chavasse: Atlantic France, Imray) liefert dann die entscheidende Information: Vier Stunden vor Hochwasser in Concarneau beginnt der Strom nach innen. Ein Blick auf den Tidenkalender zeigt: HW ist dort nachts um 3:00 Uhr, also dürfen wir frühestens um 23:00 Uhr an der Ansteuerung zur Gironde sein. Bis dahin sind es 58 sm, also ca. 10 Stunden, also Abfahrt erst um 13:00 Uhr - wir legen uns nochmal ins Bett.
Frohgemut fahren wir dann bei strahlendem Sonnenschein pünktlich los und binden beim Segelhochziehen gleich das erste Reff ins Groß, denn es soll kräftigen Wind und Schauerböen geben. Ich schreibe den aktualisierten Wetterbericht ins Logbuch - puh, da wurde die Windstärke und insbesondere die Wellenhöhe nochmal nach oben korrigiert... Grundwindstärke 5 in Böen 6 Beaufort...
Wir überlegen überlegen kurz, sind uns dann aber schnell einig, dass wir weiterfahren wollen. Schon bald stellt sich heraus, dass wir ein für die Triton ungewöhnliches Problem haben: wir sind zu schnell! Also reffen wir das Groß 3x, die Fock sogar 4x, was das Boot jedoch nicht davon abhält, immer noch schnell unterwegs zu sein...
Wir fahren am Wind, aber mit einem leichten Schrick in den Schoten und  können damit den Kurs gut halten und sogar etwas Höhe machen. Das Boot liegt auf dem Ohr und unter Deck muss alles gut gesichert werden. Auch das Leben auf der schiefen Ebene wird langsam und unbequem. Aber die Triton ist in ihrem Element. Der spitze Bug setzt weich und ohne zu Schlagen in die großen Wellen ein und der lange Kiel, der Hafenmanöver umständlich macht, sorgt für stabile Fahrt geradeaus. Wir sitzen relativ trocken und sehr gut geschützt durch Dach und Scheibe im hohen Mittelcockpit. Neben uns zieht sich der Himmel langsam zu und dunkle Wolken kommen auf.
Für die Bedingungen ideal ist auch unsere Wind-Selbststeueranlage, Sir Henry, der heute wieder ausgezeichnete Arbeit leistet. Ohne Klagen oder Ermüdungserscheinungen steuert er die Triton auf einem vorgegebenen Winkel zum Wind durch die Wellen (siehe Titelbild). Das ist besonders gut bei Schauerböen, von denen wir unterwegs einige haben und die den Wind um bis zu 50 Grad drehen. So machen wir keine ungewollten Segelmanöver und können entscheiden, ob und wie wir den Kurs halten oder Bö ausfahren wollen. Unter uns rollen immer wieder große Wellen hindurch und ab und an spritzt eine über das Deck.
Gerade bei den heftigen Schauerböen waren wir froh, nur eine so kleine Segelfläche zu haben. Ralf musste nicht nach vorne zum Mast, um ein weiteres Reff einzubinden. Es war auch genau die richtige Besegelung, um die Ansteuerung der Gironde genau pünktlich um 23:00 Uhr zu erreichen. Nun wird sich zeigen, ob unsere Planungen stimmen und wir einigermaßen gut die letzten 20 sm bis zum Hafen fahren können. Die Bedingungen mit starkem WSW Wind, Wellenhöhe von 2,3 m und einer Nacht ohne sichtbaren Mond sind nicht ideal... Aber wenn wir richtig gerechnet haben, sollte es jedenfalls keine Wind gegen Strom Situation geben und es sollte schon etwas Wasser über den Untiefen rechts und links der Fahrrinne stehen, so dass sich die Wellen dort nicht so stark brechen.

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