Grau und regnerisch – ein idealer Tag, um ins Museum zu gehen.
Diesmal haben wir uns aber kein maritimes Museum ausgesucht, sondern wir wollen
uns mit amerikanischer Kunst beschäftigen. Dazu machen wir uns auf den Weg zur amerikanischen Hauptstadt Washington D.C.
Dazu fahren wir erst einmal mit dem Bus zur Metro-Station. Zumindest
haben wir das vor. Wir sind so früh, dass wir noch in einem sehr netten Café
frühstücken können (und dort zufällig wieder das deutsche Paar von gestern
treffen). Dann stellen wir uns rechtzeitig an die Haltestelle. Was nicht kommt,
ist der Bus… Er trifft dann mit rund 15 Minuten Verspätung ein und auch sonst
fühlt er sich etwas „karibisch“ an. Der Busfahrer fährt erst einmal eine
Tankstelle an, um sich mit frischem Kaffee zu versorgen und nach einer Weile
kommen wir wieder an unserer Einstiegs-Haltestelle vorbei… Wie sich
herausstellt, hatte ein Fahrgast den Ausstieg verpasst und er hat einfach
nochmal eine Runde gedreht… Aber schließlich erreichen wir die Bahnstation, wo
wir dann in die Metro umsteigen können und problemlos bis zu unserem Ziel
fahren.
In Washington gibt es eine Vielzahl von berühmten Museen, so
dass wir wirklich die Qual der Wahl haben. Wir haben uns dann das „Museum of
American Art“ und die „National Portrait Gallery“ ausgesucht, die beide im selben
Gebäude untergebracht sind. Diese und noch 17 weitere Museen und ein Zoo werden
von der „Smithonian Institution“ betrieben. Die Institution wurde mit Mitteln
aus dem Nachlass des englischen Wissenschaftlers John Smithson gegründet, der den
Vereinigten Staaten das Geld mit dem Auftrag es „zur Vermehrung und Verbreitung
von Wissen zu verwenden“ hinterlassen hatte. Der Eintritt in allen Museen ist
frei.
Wir finden es immer gut, wenn es Führungen gibt, weil sich Kunstwerke
durch Hintergrund-informationen oft besser erschließen. Hier nehmen wir an zwei
Führungen durch die Highlights der jeweiligen Museen teil. Schon die
Architektur ist eindrucksvoll, insbesondere der überdachte Innenhof, ein Design
des Büros von Norman Foster, der (unter anderem) auch die Reichstagskuppel in
Berlin geschaffen hat.
In der Abteilung „American Art“ werden alle Regionen und
Kunstbewegungen der Vereinigten Staaten abgedeckt. Das reicht von idealisierte
Landschaftsmalerei über Impressionismus bis zu sogenannter „Self-Taught-Art“.
(Mir) bekannte Namen wie Georgia O’Keeffe, John Singer Sargent und Edward
Hopper sind natürlich auch vertreten. Mein Favorit ist der moderne Flügel, z.B.
dieses Kunstwerk von David Hockney - Snails
Space with Vari-Lites, "Painting as Performance" - das mit
unterschiedlichen Lichtstimmungen beleuchtet wird und dadurch immer wieder sein
Aussehen verändert. Für weitere Informationen siehe die umfangreiche Internetseite: klick
In die Portrait Gallery werden Personen aufgenommen, die die
USA und ihre Kultur prägen oder geprägt haben. Sie vereint dadurch die Aspekte
Geschichte, Biografie und Kunst. Unter anderem gibt es eine vollständige
Sammlung der Portraits aller amerikanischeren Präsidenten – und teilweise auch der
First Ladies. Die Bilder von Barack Obama (von Kehinde Wiley) und Michelle
Obama (von Amy Sherald) sind erst dieses Jahr der Sammlung hinzugefügt worden
und beide sind bei den Besuchern sehr beliebt (insbesondere für Selfies). Viele
der anderen Präsidenten-Portraits sind sehr konventionell in klassischen Posen,
aber John F. Kennedy und Bill Clinton stechen heraus.
Der Maler George Catlin besuchte in den 1830er Jahren
verschiedene Indianerstämme und malte zahlreiche Portraits und Alltagsszenen.
Ich erinnere mich, dass ich als Kind ein Buch über Indianer mit seinen Bildern
hatte und ich habe einige davon wiedererkannt.
Eine Sonderausstellung beschäftigt sich mit Silhouetten als
Portraits. Da sind natürlich die klassischen Scherenschnitte zu sehen, eine
preisgünstige Möglichkeit in den Zeiten vor der Fotografie. Uns faszinieren am
meisten die Arbeiten der japanischen Künstlerin Kumi Yamashita, die mit ganz
einfachen Materialien (Holz, Papier, Lichtquelle) körperlos erscheinende
Schattenrisse erzeugt.
Ganz neu eröffnet ist eine weitere Sonderausstellung „UnSeen:
Our Past in a New Light“. Darin wird thematisiert, dass Portraits üblicherweise
„reiche weiße Männer“ zeigen, weil nur diese die Mittel hatten sich malen zu
lassen. Der Künstler Ken Gonzales-Day fotografiert dazu historische
Kunstgegenstände in anderen Zusammenhängen.
Der Ansatz von Titus Kaphar ist ein ganz anderer. Er malt Portraits
in klassischem Stil und zerschneidet, faltet oder zerknüllt dann die Leinwand,
um eine zweite Ebene hinter dem Portrait zu zeigen. So ist das Bild von Präsident
Thomas Jefferson halb aus dem Rahmen gerissen und dahinter ist seine langjährige
Geliebte, die 30 Jahre jüngere Sklavin Sally Hemings zu sehen. Weitere
Informationen über die Portrait Gallery gibt es hier: klick
Alleine in diesem Museum könnten wir noch Tage zubringen…
Ganz erfüllt mit Eindrücken machen wir uns auf den Heimweg. Diesmal nehmen wir
den Pendlerbus direkt von Washington nach Annapolis. Durch Regenwetter und
Freitagnachmittag gibt es viel Verkehr und so dauert es eine ganz Weile, bis
wir wieder an Bord sind.
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