Um 1:00 Uhr übernehme ich die
Nachtwache. Immer noch Wind fast genau von hinten und es geht nur gemächlich
voran, weil wir ja vom Wind wegfahren. Das ist auch wieder der berühmte
„Gauki-Kurs“, wo das Schiff wild von einer Seite auf die andere schwankt und
nicht stabil nach einer Seite krängt. Aber mittlerweile ist der Mond
aufgegangen und ich kann meine Umgebung recht gut erkennen. Und da gibt es
einiges zu sehen, den sage und schreibe vier Kreuzfahrtschiffe sind um mich
herum unterwegs… Es dauert immer eine Weile, bis ich ihren Kurs erkennen kann,
denn vor lauter Festbeleuchtung sind die vorgeschriebenen Positionslichter kaum
zu sehen. Da bin ich froh, dass sie AIS haben,
insbesondere weil ich ja durch die ausgebaumte Fock und das festgebundene Groß
nur schlecht manövrieren kann.
Aber alles geht gut
und ich muss niemandem ausweichen. Allerdings kann ich auch meinen Kurs zum
Ziel nicht mehr anliegen und fahre 20 Grad in die falsche Richtung. Also
entscheide ich mich, Ralf zu wecken, um eine Halse (alle Segel auf die jeweils
andere Seite) zu fahren. Bis er sich aus dem Bett geschafft und angezogen hat,
ist die Situation schon wieder anders und das Manöver nicht mehr erforderlich…
Nun geht es etwas schneller voran und als ich um 7:00 Uhr an Ralf übergebe,
läuft die Sache gut und ich kann noch bloggen und etwas schlafen.
Gegen Mittag kommen
wir zur Einfahrt von Christiansted auf St. Croix und umfahren die gut markieren
Korallenriffe, die auch wie Wellenbrecher wirken. Um 13:30 fällt der Anker in
der Gallows Bay. Wir sind nun in den US-Virgin Islands und das bedeutet, dass
wir in USA zu Customs und Immigration müssen. Erst einmal setzten wir die
Gastlandsflaggen und die Flagge Q, die bedeutet, dass wir einklarieren wollen.
Und dann beginnt
der Lauf durch die Bürokratie, die einige Besonderheiten aufweist.
Normalerweise geht nur der Skipper mit Pässen und Bootspapieren zum
Einklarieren an Land, füllt einige Formulare aus und zahlt eine kleine Gebühr.
Visa etc. sind in allen bisher bereisten Staaten nicht erforderlich. Aber nun
sieht die Sache anders aus. In der Theorie sind drei Schritte erforderlich:
1. Customs and
Border Protection (CBP) per Telefon kontaktieren
2. Erst nach
Anweisung das Boot verlassen und alle Personen bei der Behörde vorstellen
3. Formulare
ausfüllen, Fingerabdrücke abgeben, Stempel bekommen
Wir finden das CBP-Büro,
aber hier wird gerade aufgeräumt und geputzt. Die zuständige Dame zieht ihre
Gummihandschuhe aus und erledigt die Formalitäten für Customs (Zoll). Glücklicherweise
hatte ich das erforderliche Formular aus dem Internet ausgedruckt. Sie kann
jedoch nichts im Computer erfassen, weil auch der nicht funktioniert…
Für die Immigration
müssen wir aber doch an den Flughafen. Wir versuchen ein Taxi zu finden, aber
das ist nicht so einfach und, wenn es in die Marina bestellt werden muss, sehr
teuer. Mittlerweile ist es 15:30 Uhr geworden und wir klären erst einmal die
Öffnungszeiten am Flugplatz, nicht das wir dann vor verschlossenen Türen
stehen… Sie machen angeblich erst um 18:00 Uhr zu, also sprechen wir ein
Ehepaar an, das uns mit ihrem Auto mit in die Stadt zum Taxistand nimmt. Mit
dem Taxi geht es dann quer über die Insel zum Airport, Sonderangebot, nur $25.
Und dann: die Tür von CBP ist zu!
Ralf findet
schließlich jemanden in der Telefonzentrale, der alle möglichen Nummern
ausprobiert, bis endlich eine nette Dame kommt, die uns bearbeiten soll.
Soweit, so gut, Visa sind in Ordnung, nur bei meinen Fingerabdrücken gibt es
Probleme: sie werden nicht erkannt. Noch ein Offizieller wird aktiviert, die
ganze Prozedur wiederholt und dann ist es geschafft – wir sind offiziell in die
USA eingereist – puh! Die nächsten $25 sind dann fällig für die Rückfahrt mit
dem Taxi und wir haben auch unser ganzes Telefonguthaben für die Gespräche
verbraucht – ich sage nur Roaming… Morgen müssen wir uns um ein Auto und eine
lokale SIM-Karte kümmern.
2 Kommentare:
Wahsinnn was für eine Bürokratie.
Hoffentlich hat es sich gelohnt. Ich bin gespannt über deinen Bericht über die Insel.
*lach*
Welcome to the world of cruising ... "Normal" wäre ja unnormal. Mein Hit war immer Tonga, wo man erst einmal den Zollbeamten suchen gehen musste. Mit Betonung auf "gehen", denn der konnte überall in der Stadt sein. Meist aber an seinem Hühnerbratstand auf dem Markt. Sehr kommod dagegen Neuseeland und Australien - man bleibt an Bord am Quaratänesteg, bis einen die Offizierskavalkade freigibt...
Wir sind auch gespannt. Ich glaube, wir werden dann Ende des Jahres die US-Behörden in Culebra belästigen. Geht Ihr noch das Stück weiter westlich?
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