Dienstag, 12. August 2025

Tag 81 - Stavanger: Eine kurze Geschichte des Öls

Wie schon gestern geschrieben, liegt unser Hafen genau neben dem Öl- und Gasmuseum und das wollen wir uns natürlich anschauen. Schon draußen vor dem Museum sehen wir die ersten Bohrmeißel (siehe Titelbild). Das Museum wurde 1999 eröffnet und dokumentiert die norwegische Off-Shore-Ölförderung. Die Ausstellung beginnt mit einem kurzen Film, der am Beispiel einer Familie die menschlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Ölfunde von 1969 erzählt. Rings um das runde Kino gibt es dann eine Zeitleiste, die die Entwicklungen beschreibt (Bild oben links) und zahlreiche Grafiken: unten links in grün die Gebieten, in denen im Moment Lizenzen vergeben sind, oben rechts die verschiedenen Leitungen und unten rechts der schwankende Ölpreis.
Aufgrund seiner extrem langen Küstenlinie gehören sehr großeSeeggebiete zum norwegischen Kontinentalschelf. Schon vor der Entdeckung von Öl wurden Erkundungs- und Förderlizenzen vergeben. Über verschiedenen Institutionen und spezelle Steuern kommen 90 % der Erlöse beim norwegischen Staat. Ein Großteil davon wird in einem speziellen Fond verwaltet. Das Geld soll der norwegischen Bevölkerung zugute kommen. Wir lernen wie Erdöl entsteht (Biomaterial auf dem Meeresgrund + Sand + Gestein + Druck + Zeit), sehen verschiedene Bohrmeißel für unterschiedliche Gesteinsschichten und spezielle Tauchgeräte für große Tiefen.
Norwegen hat nach und nach Techniken entwickelt, wie die Ölvorkommen in der Nordsee, der norwegischen See und sogar der Barentssee erschlossen werden können. Es werden sehr unterschiedliche Kontruktionen von Plattformen und Schiffen gezeigt.
Je nach Tiefe werden feste oder schwimmende Konstruktionen eingesetzt. Die modernste Entwicklung sind Anlagen, die ferngesteuert auf dem Meeresboden arbeiten. Im Museum wird eine Handskizze mit der Idee gezeigt. 
Neben diesen interessanten technischen Aspekten - wirklich beeindruckende Ingenieur-Leistungen - werden aber auch kritische Fragen gestellt. Eine Abteilung ist den Unfällen und den nach und nach eingeführten Sicherheitsmaßnahmen gewidmet. Ein ganzer Raum beschäftigt sich mit Klimaveränderungen und CO2-Ausstoß. Hier werden z.B. die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN thematisiert.
Architektonisch gleicht das Museum von außen einer Ölplatform. Von Dach aus haben wir einen guten Blick auf den Hafen und die Triton.
In der Mittagspause lernen wir einen jungen Deutschen kennen, der gerade eine Tour mit dem Motorad durch Skandinavien macht und mit dem wir uns nett unterhalten. Und zum Abschluss unseren Museumsbesuchs gibt es noch einen späten Kaffee mit Kuchen für uns im schönen (und teuren) Museumscafé.
Die Entdeckung der Ölvorkommen vor 56 Jahren hat die norwegische Gesellschaft sicherlich stark verändert. Die Entscheidung, die Ölindustrie zu kontrollieren und dabei nicht nur auf Profit sondern auch auf Sicherheit und Nachhaltigkeit zu achten hat Norwegen zu einem reichen Land mit sehr guten Lebensbedingungen gemacht. Mein Eindruck ist, dass der Konflikt zwischen den klaren Vorteilen der Ölförderung und der Erkenntnis, dass diese eben auch klimaschädlich und nicht nachhaltig ist, klar wahrgenommen wird. Es wird darüber nachgedacht, was es für Alternativen gibt und wie es ohne die Ölindustrie weitergehen könnte. Auf jeden Fall ein sehr interessantes und lohnenswertes Museum.
 

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