Sonntag, 6. August 2023

Tag 70 - Cork: Gemische Gefühle

Laut unserer Wetterberichte sollte es heute Nacht stürmisch werden und tatsächlich ging es pünklich gegen 6:00 Uhr los - mit Wind von über 40 Knoten (Stärke 9) in Böen bis zu 54 Knoten. Es pfiff ganz schön im Rigg, aber unser Hafen bietet ausreichend Schutz.
Der Spuk dauerte jedoch nicht lange und der Wind pustet die Wolken weg, so dass wir bei Sonne zu unserem Ausflug nach Cork aufbrechen. Der Bus fährt direkt vor dem Yachtclub ab. Kaum bin ich in den ersten Stock geklettert, ruft jemand "Hallo Cosima" und hinter uns sitzt Heiner von der DÖRTITA, den wir zuerst in Kilmore und dann wieder in Dunmore East getroffen haben. Wir unterhalten uns nett und fachsimpeln, wie wir hier Gasflaschen füllen lassen können. So vergeht die Fahrt nach Cork kurzweilig. Wir steigen im Zentrum aus, das auf einer Insel im Fluss Lee liegt.
Bevor unsere Stadtführung losgeht, haben wir noch Zeit, uns ein wenig umzusehen. Als erstes laufen wir durch eine Straße, die fast vollständig überdacht ist - nicht mit Sonnenschirmen, sondern mit Regenschutz...
Später erfahren wir bei der Führung, dass sich die verschiedenen Bars und Restaurants hier während der Corona-Zeit für diese Maßnahme entschieden haben. Weiterhin fallen uns die zahlreichen - wie wir finden ungewöhnlich hässlichen - Lampen auf (siehe Titelbild). Wir lernen später, dass es sich um einen Entwurf der spanischen Stadtplanerin Beth Gali handelt, die die Innenstadt 2004 neu gestaltet hat. Schließlich war Cork 2005 Kulturhauptstadt Europas. Wir finden die Stadt recht uneinheitlich. Einige Gebäude sind renoviert, andere Baustellen und wieder andere verfallen. Auch hier gibt es - wie in so vielen Innenstädten - leerstehende Geschäfte. Und die Lampen sind eben Geschmackssache...
Wir essen noch eine Kleinigkeit und starten dann unsere Stadtführung. Wieder haben wir Glück mit unserem Führer. Noel ist hier geboren und war 42 Jahre lang Reporter für die Kulturseiten der lokalen Zeitung. Entsprechend hat er viele persönliche Anekdoten und Geschichten über Künstler und Musiker, die hier aufgetreten sind auf Lager. Leider existieren viele der historischen Gebäude nicht mehr und aus verschiedenen kleinen Inseln im Fluss ist durch Verlegung der Kanäle unter die Straße eine einzige große Insel geworden. Schade, sonst wäre es hier wie in Amsterdam oder Venedig... Hier eine Karte von 1545:
Wir schauen uns das "National Monument" an (oben links), das an die Kämpfer für die Unabhängikeit Irlands erinnert, die St Peter & Pauls Church (oben mitte), das ehemalige Savoy-Kino (oben rechts), den Berwick Brunnen (unten 2. v.r.) und das Denkmal für Rory Gallagher, einem irischen Gitarristen (unten 2. v.l.). Zu allen Sehenswürdigkeiten kennt Noel eine Story. So wurde die Peter & Paul Kirche von John Murphy gegründet, der ein sehr abwechslungsreiches Leben hatte. Geboren in eine reiche irische Familie trat er in die Handelsmarine ein, wurde unehrenhaft entlassen, versuchte sich als Geschäftsmann in London und Trapper in Kanada. Dort lebte er mit kanadischen Indianern und wurde ihr Häupling, traf einen Missionar und entschied sich, doch lieber ein katholischer Prister zu werden. Nach einer Ausbildung in Rom kam er dann zurück nach Cork.
Die Führung endet vor dem "English Market", einer großen überdachten Markthalle.
Wir werfen noch einen Blick auf die vielen Angebote - neben Fleisch, Käse und anderen Lebensmitteln liegen auch T-Shirts in den Auslagen...
...bevor es dann die wohlverdiente Tasse Kaffee für Ralf gibt. Zu seiner Freude ist es in Irland kein Problem, sehr guten Kaffee und Kuchen zu bekommen.
Dann geht es mit dem Bus zurück in unseren Yachtclub, der im Sonnenlicht gleich viel freundlicher aussieht.
Wieder ein schöner, ausgefüllter und interessanter Tag. Allerdings war mir Cork insgesamt zu groß (220.000 Einwohner) und hat mich städtebaulich nicht überzeugt. Mittlerweile ist der Wind deutlich schwächer geworden und wir bekommen sogar - zum ersten Mal in Irland - einen schönen Sonnenuntergang im Hafen.

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