Sonntag, 14. Mai 2023

Tag 5 - Arzon: Pflicht und Kür

Wie berichtet, haben wir die junge Dame von der Werft nach hause geschickt, weil sie das Boot polieren wollten, ohne es vorher zu reinigen. Daher sind wir heute morgen am Start, um den Gilb zu entfernen. Dazu verwenden wir "O2", ein säurehaltiges Mittel, mit dem Verfärbungen einfach entfernt werden können: aufsprühen, einwirken lassen und dann mit viel Wasser abspülen (siehe Titelbild).
Netterweise gibt es in der Halle eine Leiter, mit der wir den gesamten Rumpf erreichen können. Das Mittel wirkt auch gegen Flugrost und wir können es bei der Badeplattform gut gebrauchen. Außerdem kommt der Schrubber aus unserer Ferienwohnung zum Einsatz.
Pünktlich zur Mittagspause sind wir fertig und beschließen, es für heute gut sein zu lassen. Das Mittagessen gibt es auf unserem sonnigen Balkon und ein Rotkehlchen ist begeistert von den Resten unserer Lasagne - wahrscheinlich muss es eine brütenden Partnerin versorgen.
Für einen kleinen Ausflug nach der Siesta habe ich den nahegelegenen Ferienort Saint-Gildas-de-Rhuys ausgesucht, wo wir die romanische Kirche besichtigen. Sie ist der letzte Überrest einer ehemaligen Benediktiner-Abtei. Hier wurde um 1125 der Philosoph und Theologe Abaelard - wahrscheinlich aus politischen Gründen - zum Abt gewählt. Er war bei den Mönchen sehr unbeliebt und es soll sogar Mordanschläge auf ihn gegeben haben. Neben seinen Schriften ist Abaelard auf für seine Liebesgeschichte mit seiner Schülerin Héloïse bekannt. Sie wurde schwanger und bekam einen unehelichen Sohn. Ihr Onkel veranlasste die Kastration von Abaelard, der sich daraufhin in ein Kloster zurückzog. Auch Héloïse trat in ein Nonnenkonvent ein, wurde später Äbtissin und führte einen intensiven Briefwechsel mit Abaelard. Die beiden wurden nebeneinander begraben.
Wir besichtigen die schlichte Kirche und ich zünde zwei Kerzen für meinen Vater und die Mutter meiner Schwägerin an, die beide in diesem Jahr verstorben sind.
Die Gebäude der Abtei gingen nach der französischen Revolution durch verschiedene Hände und wurden schließlich von Ordensschwestern übernommen. Heute ist es ein kulturelles und spirituells Zentrum, das von einem Verein betrieben wird. Zufällig findet dort heute ein Klavierkonzert statt und wir können noch Karten bekommen.
Bis zum Konzert haben wir noch etwas Zeit und genießen einen "café crème" bzw. ein "Coca Zero" auf dem hübschen Platz vor der Kirche.
Danach hören wir Liszt, Mendelssohn-Bartholdy, Schubert, einen zeitgenössischen bretonischen Komponisten und zum Schluss Musik aus einem japanischen Film - sehr nett! Es gab außen praktische keinen Hinweis auf das Konzert und ich hatte es ganz zufällig auf der Webseite entdeckt. Auch die Besucher wirkten überwiegend, als würden sie sich schon lange kennen - möglicherweise Vereinsmitglieder? Egal - wir hatten jedenfalls einen schönen Ausflug in den netten Ort mit überraschendem Musikgenuss!

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