Nach unserer Atlantikrunde 2017-2019 haben wir uns überlegt, wo wir in den nächsten Jahren segeln wollen. Insbesondere wegen unserer Eltern (drei davon 80+) ist es uns wichtig, in Europa zu bleiben, damit wir im Notfall kurzfristig daheim sein können. Grundsätzlich wollen wir wieder zurück in die Ostsee, wo wir die ersten 25 Jahre unseres Seglerlebens verbracht haben. Allerdings wollen wir auf dem Weg dahin noch einiges anschauen. Geplant ist, in mehreren Segelsommern von Holland aus über Frankreich, Spanien, Irland, Schottland und Norwegen schließlich wieder nach Fehmarn zu kommen, wo wir jahrelang unser Winterlager hatten.
Leider ist uns 2020 Corona dazwischengekommen, so dass wir nur
etwas an der deutschen Nordseeküste unterwegs sein konnten. Aber in diesem
Sommer haben wir wie geplant von den Niederlanden aus die französische Küste
der Normandie und der Bretagne erkundet.
Statistik
- Seemeilen: 917
- Motorstunden: 63
- Segeltage: 32
- Nächte auf See: 1
- Liegetage: 32
- Liegeplätze: 30
Niederlande: Workum, Enkhuizen, Amsterdam (Aeolus),
Scheveningen
Frankreich (und Kanalinseln): Boulogne-sur-Mer, Dieppe, St-Valery-en-Caux, Le Havre, Honfleur, Deauville, Ouistreham, Caen, St-Vaast-la Hougue, Cherbourg, Diélette – St Helier, Jersey – Iles Chausey (M), Rade de Brehat (A), Roscoff, L’Aber Wrac’h, L’Aber Ildut, Camaret-sur-Mer, Anse de Morgat (A), Morgat, Le Guilvinec, Concarneau, Port Louis, Quiberon (Port Haliguen), Le Crouesty
Segeln und Wetter
Beim ersten Teil der Reise bis Caen war der Wind überwiegend
entweder von vorne oder zu schwach, so dass wir kreuzen oder motoren mussten.
Teilweise sind wir deswegen im Hafen geblieben und haben Landausflüge
unternommen. Günstigen Wind hatten wir eigentlich nur auf dem langen Schlag von
Scheveningen nach Boulogne-sur-Mer (daher haben wir den auch gleich zu einem
großen Sprung genutzt) und bei den Fahrten nach Dieppe bzw. Le Havre.
Von Caen bis Arzon sah die Sache viel besser aus. Nur am
ersten Segeltag von Ouistreham nach St-Vaast-la-Hougue mussten wir stramm
aufkreuzen, danach hatten wir viele Tage günstigen Nord-Ost-Wind und sind damit
gut vorangekommen. Auf dem letzten Stück von Le Guilvinec bis Arzon an der bretonischen
Südküste war der Wind dann schwächer, aber immer noch gut segelbar.
Solange der Wind die Nord-Komponente hatte, war es eher kühl,
aber meistens sonnig. Ab Camaret wurden die Temperaturen dann spürbar höher und
an der Südküste war es dann richtig warm. Richtigen Dauerregen hatten wir gar
nicht, nur einige Tage mit Schauerwetter. Aus unserer Sicht, die wir keine
Hitze mögen, war es vom Wetter her ein schöner Sommer!
Wir sind jetzt schon mehrfach durch und über den Ärmelkanal
gefahren und von allen mir bekannten Segelrevieren finde ich die Navigation
hier mit Abstand am anspruchsvollsten. Es ist eine der am stärksten befahrenen
Wasserstraßen der Welt, es gibt Untiefen, Wettergeschehen mit Starkwind und
Schauerböen, kräftige Tidenströme und bis zu 12 m Tidenhub, dazu noch Häfen,
die nicht zu jeder Zeit angelaufen werden können. Nach meiner Erfahrung ist es
nicht sinnvoll, gegen die Natur zu arbeiten und daher ist gute Zeitplanung
wichtig: wann ist genug Wasser da, um unseren Hafen verlassen zu können? Wann
ist im Zielhafen genügend Wasser, um hinein zu fahren? Gibt es Schleusen oder
Brücken, bei denen Öffnungszeiten zu beachten sind? Gibt es unterwegs starke
Strömungen, bei denen ein Zeitfenster wichtig ist? Wann hilft uns der Strom und
wie können wir das am besten nutzen? Wann haben wir günstigen Wind? Soll er
drehen, stärker oder schwächer werden? Könnte es unangenehme
Wind-gegen-Strom-Situationen geben? Bei uns hat die Planung gut funktioniert
und wir haben die kritischen Durchfahrten - das Alderney Race, den Chenal du
Four und die Raz de Sein - zur richtigen Zeit erreicht und alle Häfen sicher
und ohne Stress angelaufen.
Boot und Ausrüstung
Unser Tiefgang von knapp 2 m erfordert – wie oben berichtet
– Planung, aber insgesamt ist die Triton für das Revier ein gut geeignetes Boot.
Wir sitzen geschützt unter unserem festen Dach, können daran ein Sonnendach
oder ein Kuchenbude montieren. Die Solarplatten versorgen uns mit Strom und zum
Steuern haben wir die Wahl zwischen einem elektrischen Autopiloten oder „Sir
Henry“ unserer Windfahne. Beim Anlegen hilft mein „Cheater“, eine Stange mit
Schlinge, wir haben unser Beiboot mit Motor und für Landausflüge zwei Klappräder.
Die Ausrüstung ist erprobt und hat dieses Jahr nahezu funktioniert. Wir sind
sehr zufrieden mit der Triton.
Verpflegung/Versorgung
Lebensmittel, Seekarten oder auch technische Teile zu
bekommen ist natürlich in Holland oder Frankreich kein Problem. An der
französischen Küste wird viel gesegelt und entsprechende Geschäfte sind überall
vorhanden. Eine Grundausstattung mit Lebensmitteln haben wir in Holland noch
mit dem Auto besorgt und Nachschub war natürlich in Frankreich kein Problem
(ich sage nur: Baguette, Fromage, Pâté). Dabei waren die Fahrräder sehr
hilfreich. Auch zum auswärts essen sind die Möglichkeiten in Frankreich
vielfältig und von guter bis sehr guter Qualität – unvergessen das mehrgängige
Menü an Ralfs Geburtstag… Gut war auch die Ausstattung mit Waschmaschinen in
den Häfen, so dass wir nicht mehr so viel Kleidung mitnehmen müssen.
Crew
Beim ersten Teil der Reise von Workum bis Caen waren Ralf
und ich alleine unterwegs. Wir verstehen uns gut, die Aufgabenverteilung ist
klar und die Manöver an Bord klappen prima. An Land bin ich immer noch
mobilitätseingeschränkt, was für Ralf manchmal schwierig ist. Auch hier sind
unsere Fahrräder eine gute Möglichkeit zur Fortbewegung.
Für den größten Teil der 2. Halbzeit – von Caen bis
Concarneau – hat unser jüngster Sohn Paul uns begleitet. Er ist ein sehr
angenehmer, hilfsbereiter und erfahrener Mitsegler und eine große Bereicherung.
Ralf hat in ihm einen Begleiter für Ausflüge zu Fuß und für
Einkaufsexpeditionen und einen Gesprächspartner für technische Überlegungen. Da
wir alle wissen, was wir zu tun haben, sind uns ein paar echt gute und schnelle
Manöver gelungen.
In der letzten Woche von Concarneau bis Arzon waren dann
wieder nur Ralf und ich an Bord und wir hatten noch schöne und entspannte Tage.
Auch die Abschlussarbeiten für das Winterlager haben sehr gut funktioniert.
Sightseeing
Niederlande:
Die ersten gut zwei Wochen unserer Reise haben wir in den
Niederlanden verbracht. Zunächst waren wir sechs Tage in Workum, wo wir
das Boot aus dem Winterlager geholt, ausgerüstet und für die Saison klar
gemacht haben. Danach war der Wind so ungünstig, dass wir nach Enkhuizen,
Amsterdam und Scheveningen segeln konnten. Das bedeutete viele
Hafentage und Gelegenheit zum Sightseeing. In Amsterdam haben wir moderne Kunst
im Moco Museum erlebt, das auch architektonisch beeindruckende Seefahrtsmuseum
besucht und im Rijksmuseum die alten Meister bewundert. Von Scheveningen
konnten wir mit den Fahrrädern schnell nach Den Haag fahren.
Frankreich 1 - Boulogne-sur-Mer bis Caen:
Nachdem wir mit einem großen Sprung Boulogne-sur-Mer
erreicht hatten, haben wir weiter regelmäßig auf günstigen Wind gewartet und
daher verschiedene Ausflüge unternommen. So waren wir von dem sehenswerten Boulogne
aus – wieder mit den Rädern – im Badeort Wimereux. In Dieppe haben wir Drachen
steigen lassen und wir sind mit dem Zug nach Rouen gefahren, um uns
auf die Spuren von Jeanne d’Arc zu begeben. Wir haben uns die Beton-Architektur
von Le Havre angesehen, und Honfleur und Deauville/Trouville
besucht. Von dort aus haben wir eine Tour mit E-Bikes bis nach St-Pierre-Azif
unternommen, um auch das Hinterland etwas besser kennenzulernen.
Von Ouistreham aus sind wir dann den Kanal bis Caen
gefahren und dort sind wir eine Weile geblieben. Schon Caen selbst hat einiges
zu bieten. Wir haben die Burg und das „Mémorial de Caen“
besichtigt. Wieder mit dem Zug ging es nach Bayeux zu dem berühmten „Teppich“,
der die Eroberung von England durch William den Eroberer beschreibt. Dann
hatten wir noch für drei Tage einen Mietwagen und haben damit eine Tour zu den D-Day
Landeplätzen an der normannischen Küste unternommen, waren zum Kajak
fahren auf der Orne und für Calvados und Käse im Pays d’Auge.
Frankreich 2 - Caen bis Arzon:
Nach einer Woche in der Heimat sind wir zusammen mit Paul
zurück zum Boot nach Caen gekommen. Ein sehr empfehlenswerter Liegeplatz
– preisgünstig, geschützt und gut zu erreichen. Am nächsten Tag ging es durch
den Kanal zurück nach Ouistreham, das uns nicht besonders gut gefiel.
Dann kreuzten wir auf nach St-Vaast-la-Hougue, ein netter Hafen und ein
schöner Ort mit interessanten Befestigungsanlagen, einer kleinen Kapelle zur Erinnerung
für auf See gebliebene Menschen und guten Einkaufsmöglichkeiten. Beim Hafenmeister
gibt es E-Bikes zu leihen und damit sind wir nach La Pernelle (Aussicht,
Grotte und freundliche Esel), zum Leuchtturm „Phare de Gatteville“ und
nach Barfleur gefahren – einer unserer besten Ausflüge! Ralf und Paul
haben noch die nahegelegene und bei Ebbe zu Fuß erreichbare Insel Tatihou
besucht. Die nächste Station war dann Cherbourg mit Regenschirmfabrik
und beeindruckendem Meeresmuseum („Cité de la Mer“). Wir laufen danach
den Hafen von Diélette an, der direkt neben einem Atomkraftwerk liegt.
Der Ort und die Landschaft sind erstaunlich schön.
Wir verlassen Frankreich dann für einen Abstecher nach St
Helier auf der englischen Kanalinsel Jersey. Auch hier können wir
E-Bikes bekommen und eine Inselrundfahrt machen. Zwar ist das Technikmuseum
geschlossen, aber wir besuchen das historische Dorf „Hamptonne“, das wir
schon von unserem letzten Besuch kennen.
Dann geht es wieder zurück nach Frankreich, auf die Îles Chausey, wo wir an einer Mooring-Tonne
liegen können. Bei gutem Wetter ein absolutes Highlight. Landschaftlich
wunderschön und echt gutes Essen im „Hotel du Fort et des Îles“! Nun
machen wir einen großen Sprung, verlassen die Normandie und kommen in
die Bretagne. Unsere erste Station ist ein (sehr unruhiger Ankerplatz)
vor der Île de Brehat. Mit günstigem Wind aus Nordosten geht es dann
weiter Richtung Westen an der Küste entlang erst nach Roscoff und dann
nach L’Aber Wrac’h. Dort finden wir für Ralfs Geburtstagsessen ein sehr
gutes Restaurant (Le Vioben) und genießen ein köstliches Menü. Auf dem
Weg nach Camaret-sur-Mer machen wir noch Zwischenstation in L’Aber Ildut
(ein Aber ist übrigens eine Flussmündung).
In Camaret erleben wir eine Schiffssegnung und machen mit
der Triton einen Tagesausflug zum Océanopolis nach Brest – auf den
Spuren des fiktiven Kommissars Georges Dupin, dessen Lieblingstiere die Pinguine
dort sind. Wir besuchen mit dem Beiboot die Grotten in der Anse de Morgat
und übernachten als nächstes in dem großen Fischereihafen von Le Guilvinec.
Wieder inspiriert von Kommissar Dupin schauen wir uns seine Heimatstadt Concarneau
mit der mittelalterlichen Ville Close an. Hier verlässt uns Paul und zu
zweit geht es weiter nach Port-Louis, wo wir gerade rechtzeitig zum Markt
am Samstag eintreffen. Hier hat es uns besonders gut gefallen. Der vorletzte
Hafen ist dann Port Haliguen auf der Halbinsel Quiberon bevor wir
dann nach Le Crouesty segeln und die Triton in Arzon ins
Winterlager legen.
Begegnungen
Anders als letztes Jahr hatten wir in dieser Saison viele
nette Begegnungen. Das liegt sicher auch daran, dass wir zur richtigen
Jahreszeit auf der typischen Route für die Langfahrtsegler unterwegs waren. Das
fängt schon in Amsterdam als wir Liam (klick)
treffen. Er ist Vertreter für Aries Wind-Selbststeueranalge und lebt im Segelclub
Aeolus auf seinem Boot. Netterweise lädt er uns auf den Liegeplatz neben sich
ein. In Den Haag kommen wir mit einem jungen Paar ins Gespräch. Er ist Deutscher
(aus Neu-Isenburg!) und arbeitet für die Bundeswehr bei der Nato.
In unserem ersten französischem Hafen Boulogne-sur-Mer liegen
wir neben der LADY BLUE (klick),
mit der Gerti und Horst auf Langfahrt unterwegs sind. Wir sehen uns dann in
Dieppe wieder und verbringen mit den beiden und ist und Ellen und Stefan von
der THETIS (klick),
die ebenfalls auf Langfahrt sind, einen netten Abend. An unserem Steg fällt uns
die DEEP BLUE (klick)
auf, weil neben einer jungen Familie eine Yucca-Palme mit an Bord ist.
Einen sehr netten und witzigen Kontakt haben wir in Saint-Vaast-la-Hougue,
als wir Bertrand kennenlernen, der dort gerade sein wunderschön restauriertes
altes Holzschiff ins Wasser setzt. Er zeigt und auch gleich sein nächstes
Projekt, ein Haus direkt am Hafen mit einem deutschen Bunker im Garten.
In Cherbourg sehe ich weitere Langfahrtsegler, die ARIBA,
die ihre Internet-Adresse gleich auf den Baum geschrieben hat: Hafenkino. Wir liegen dann beide
in L’Aber Wrac’h und treffen uns persönlich in Camaret-sur-Mer.
Ruth und Pascal haben selbst eine Hallberg Rassy und wohnen
in Concarneau. Sie sehen uns bei der Einfahrt in den Hafen und Pascal kommt, um
uns zu begrüßen. Er bietet an, uns am nächsten Tag die Stadt zu zeigen. So
kommen wir in den Genuss einer ganz besonderen Stadtführung.
Fazit
Ich bedaure sehr, dass ich in der Schule nicht besser
Französisch gelernt habe und durch meinen Französischunterricht sogar eine
Abneigung gegen Frankreich hatte… Mein schon für Frühjahr 2020 geplanter
Französischkurs ist leider Corona zum Opfer gefallen. Uns hat der von uns
erkundete Teil von Frankreich ganz ausgezeichnet gefallen. Die Menschen waren sehr
hilfsbereit und freundlich und gefühlt konnten mehr ein paar Worte Englisch als
bei unseren letzten Besuchen.
Landschaftlich, kulturell und kulinarisch hat das Land sehr
viel zu bieten und wir hatten Zeit und Gelegenheit uns auf die Orte einzulassen.
Durch unsere Art der Reise ohne festes Ziel (da wir erst unterwegs das
Winterlager ausgesucht haben) und ohne Termindruck ist es möglich, günstige
Wetterfenster abzuwarten und an schönen Stellen längere Zeit zu verbringen. Unsere
Klappräder sind praktisch für die nähere Umgebung und zum Einkaufen. Weiter
entfernte Ziele im Hinterland haben wir mit Zug, E-Bikes oder Leihwagen erkundet
– eine wirkliche Bereicherung.
Die Reise war sehr, sehr abwechslungsreich mit genau gleichvielen
Segeltagen wie Liegetagen (je 32). Wir habe große Städte besucht und kleine
Inseln, haben in riesigen Marinas gelegen, in kleinen (und größeren)
Fischerhäfen, an Mooringtonnen und vor Anker. Wir überwiegend gesegelt und
hatte dabei alle Kurse von ernsthaft aufkreuzen über halben Wind bis zu „Platt
vorm Laken“. Wir waren bei Nacht und Nebel unterwegs, bei Totenflaute und
Starkwind, mit oder gegen den Strom. Die Kanalküste ist ein anspruchsvolles,
interessantes und wunderschönes Revier.
Es hat uns gut gefallen, die Reise zwischendurch zu unterbrechen,
um daheim nach dem Rechten zu sehen und wir wollen das im nächsten Jahr wieder
so machen – möglichst in der Haupt-Ferienzeit, um den Menschenmengen etwas aus
dem Weg zu gehen. Unser Winterlager ist in der Südbretagne und wir haben uns
vorgenommen, den ersten Abschnitt im nächsten Jahr damit zu verbringen, dieses Revier
noch besser kennenzulernen. Es gibt noch zahlreiche Inseln, Flussmündungen und
Häfen zu entdecken!
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