Uns geht es wie allen anderen – wir müssen unsere Pläne wegen Corona ändern… Eigentlich sollte die Triton im Frühjahr ein neues Deck (Flexi-Teak) bekommen, dann wollten wir im Mai zum Boot nach Workum und es segelfertig machen. Anfang Juni stand die Hochzeit von Freunden auf dem Programm und danach sollte die Reise nach Nordspanien gehen, wo wir uns im September ein neues Winterlager suchen wollten. Unterwegs war ein Treffen mit Freunden in der Nähe von Bordeaux geplant…
Schon Punkt eins auf der Liste, das neue Deck, konnte nicht
wie geplant erledigt werden, weil wir nicht mehr in die Niederlande einreisen
durften… Erst Mitte Juni können die Vorbereitungen weiter gehen und im Juli
wird dann das Deck verlegt. Danach muss alles wieder angeschraubt, geputzt und
eingeräumt werden.
Ich bin nicht nur unglücklich über die Verzögerung, denn die
Heilung meines Fußes (Versteifung oberes Sprunggelenk 10/2019) zieht sich hin
und das Gehen, Autofahren (es ist der rechte Fuß) und Radfahren ist erst gar
nicht und dann nur unter Schmerzen möglich. Zusätzlich hat mein Vater noch
einen Schlaganfall und ich hätte meine Eltern in dieser Situation nicht allein
lassen wollen.
Aber bis Anfang August ist alles soweit wieder im grünen
Bereich, so dass wir zum Boot fahren können und erst einmal 10 Tage mit
Arbeiten an Bord verbringen. Neben den normalen Arbeiten zum Auswintern muss immer
noch einiges wieder festgeschraubt werden. Wir hatten das Boot nach unserer
Atlantikrunde komplett leergeräumt und rüsten es jetzt wieder aus. Erst am 18.
August können wir zum ersten Segeltag starten. Es ist klar, dass wir nicht nach
Spanien segeln können und wollen und so beschließen wir, sozusagen nach „rechts“
zu fahren und uns überwiegend die deutsche Nordseeküste anzuschauen.
Statistik
Workum – Harlingen – Vlieland – Borkum – Norderney –
Hooksiel – Helgoland – Bremerhaven – Helgoland – Amrum – Hörnum – Norderney –
Terschelling – Makkum - Workum
Segeln und Wetter
Schon an der Statistik zu sehen: viel gesegelt sind wir
nicht. Das liegt unter anderem daran, dass wir in der glücklichen Lage sind,
nicht zu einer festen Zeit an einem bestimmten Ort sein zu müssen und es uns
deswegen leisten zu können, bei ungünstigem Wetter im Hafen zu bleiben. Und ungünstiges
Wetter hatten wir einige Male. Mehrere Sturmtiefs mit Wind bis zu 11 Beaufort
sind über uns gezogen. Alle waren angesagt und wir konnten uns daher geeignete
Häfen für die Wartezeit aussuchen.
Das Revier Wattenmeer ist komplex mit Tidenströmen die in
den Seegatten zwischen den Inseln schon bei relativ guten Bedingungen in
Wind-gegen-Strom Situationen Probleme bereiten können. Da wir mit unserem
Tiefgang von fast zwei Metern nur wenige Watt-Fahrwasser durchgehend befahren
können, mussten wir bei unseren Planungen immer die Zeiten für „Raus-aus-dem
Seegatt“ und „Rein-ins-Seegatt“ berücksichtigen. Das gilt entsprechend auch für
die Zufahrten zu den Küstenhäfen oder in die Flussmündungen von Jade, Weser
oder Elbe. Ausnahme ist die „Hochseeinsel“ Helgoland, die wir gerne als Drehscheibe
und verwendet haben. Insgesamt waren im Revier nur wenige Häfen für uns
geeignet.
Boot und Ausrüstung
Unser Boot ist zwar für das Wattenmeer nur bedingt geeignet,
aber sonst waren wir wieder sehr zufrieden. Das neue Flexi-Teak-Deck sieht gut
aus und hat – gerade bei Feuchtigkeit – einen viel besseren Grip als das alte
Teakdeck. Bisher ist der einzige Nachteil, den wir entdecken konnten, dass es empfindlich
für Fußabdrücke ist.
Wir haben dieses Jahr Beiboot und Motor an Land gelassen, da
wir - richtig – davon ausgegangen sind, dass es keine Moorigen und nur wenig
Gelegenheit zum Ankern geben wird. Statt dessen war mir wichtig, Fahrräder
mitzunehmen, da ich nach wie vor nach meiner OP nur kurze Strecken laufen kann.
Die Klappfahrräder (ausgerechnet von BMW) sind sehr leicht und schön zu fahren
und zu schalten. Die Verarbeitung dagegen ist eher mäßig, so hatten sie einige „Schrauben
locker“ und schon nach wenigen Tagen waren die ersten Teile verrostet…
Bester Ausrüstungsgegenstand für mich ist immer mein „Cheater“,
eine Anlegehilfe, mit der ich eine kurze Landleine vom Boot aus legen kann. Dadurch
haben wir bei diesen Manövern kein Problem.
Verpflegung/Versorgung
Lebensmittel, Seekarten oder auch technische Teile zu
bekommen ist natürlich in Deutschland oder Holland kein Problem. Auch dabei
waren die Fahrräder sehr hilfreich, weil Ralf „mal eben schnell“ etwas holen
konnte. Gut war auch die Ausstattung mit Waschmaschinen in den Häfen, so dass
wir nicht mehr so viel Kleidung mitnehmen müssen.
Crew
Wir waren beide sehr froh, dass es doch noch gekappt hat
aufs Boot zu kommen. In den ersten 10 Tagen haben wir beide gut
zusammengearbeitet und einzeln oder gemeinsam die To-Do-Listen erledigt. Auch die
bewährte Aufgabenverteilung beim Segeln hat wieder gut funktioniert.
An Land mussten wir und beide erst einmal daran gewöhnen,
was ich in Hinblick auf Mobilität leisten kann. Erst kurz vor unserer Abreise
konnte ich zum ersten Mal wieder Radfahren und so war meine Leistungsfähigkeit auch
in dieser Hinsicht noch eingeschränkt. So hat Ralf einige Radtouren alleine
unternommen oder ich/wir haben und E-Bikes geliehen.
Sightseeing
Wenige Tage auf See bedeutet viele Tage an Land und die Gelegenheit,
Land und Leute kennenzulernen und Ausflüge zu machen.
Als Kind habe ich viele wunderschöne Sommerferien auf der ostfriesischen
Insel Juist verbracht und so war mir die Landschaft und Stimmung sehr vertraut.
Glücklicherweise waren wir in der Nachsaison unterwegs und war es – bis auf Amrum
und Sylt – angenehm leer bzw. voll. Noch waren Gäste da und die Restaurants
und Sehenswürdigkeiten offen, aber kein Gedränge.
Auf den Inseln (Neben Amrum und Sylt auch noch Vlieland, Borkum,
Norderney, Helgoland, Terschelling) stand die Natur im Vordergrund, wir
haben Fahrradtouren unternommen und nette kleine Orte besichtigt. Wir waren am
Strand, auf Friedhöfen, in Kirchen, sind auf Leuchttürme geklettert, haben
Seehunde gesehen und auch das eine oder andere lokale Museum besucht. Besonders
sehenswert: Das Erlebniszentrum Naturgewalten in List auf Sylt.
Tiefgangbehindert wie wir waren, haben wir andere Verkehrsmittel
genutzt, um Ausflüge zu unternehmen. So sind wir von Norderney aus mit der
Fähre nach Emden gefahren und haben dort den Tag in der – sehr empfehlenswerten
– Kunsthalle verbracht.
Sehr schnucklig war Hooksiel in der Jademündung. Wir
haben die die Gelegenheit genutzt, um von dort aus mit dem Bus nach Wilhelmshaven
zu fahren.
Eine weitere Tagestour mit der Fähre führte uns von Amrum zur
Hallig Hooge, die wir allerdings eher enttäuschend fanden.
Der kulturelle Höhepunkt war sicherlich Bremerhaven. Dort
besuchten wir das Auswandererhaus, das Klimahaus und das Maritime
Museum und genossen von der Aussichtsplattform „Sail City“ den Blick über
Stadt, Land und Fluss.
Begegnungen
Netterweise konnten wir uns auf Norderney mit Eckart und
Marliese treffen, die mit dem Motorboot von Juist herübergefahren sind. Sonst
haben wir uns mit einigen Bootsnachbarn nett unterhalten, aber insgesamt gab es
viel weniger Begegnungen als auf unserer Atlantikrunde.
Fazit
Wir sind sehr froh, dass wir überhaupt noch aufs Boot
konnten. Und – wie jedesmal – ist es ein gutes Gefühl, von der immer
komplexeren Welt auf die überschaubare des Bootes zu wechseln. Hier sind die
Anforderungen einfach und direkt und Entscheidungen haben unmittelbare
Konsequenzen.
Insgesamt hatten wir eine gute Zeit miteinander, das Segeln hat
hinsichtlich Planungen und Manövern gut geklappt, wir haben schöne Landschaften
gesehen und nette Ausflüge gemacht. Allerdings würde ich diese Küste nicht
wieder mit unserem Boot besuchen. Die Auswahl an Häfen ist einfach zu klein und
wir müssen große Umwege fahren, um ausreichend Wassertiefe zu haben. Mit einem flachgehenden
Boot, das auch trockenfallen kann ist das Wattenmeer sicher ein faszinierendes Revier.
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