Montag, 19. Juli 2021

Tag 22 - Rouen: Auf den Spuren von Jeanne d'Arc

Wir haben einen mit dem "Pass Normandie decouverte" für nur 35 € eine günstige Zugfahrkarte gekauft und können so mitsamt den Fahrrädern in einer knappen Stunde nach Rouen fahren. Die Züge gehen mindestens stündlich ab Dieppe und unsere Fahrräder können wir auch mitnehmen - sehr praktisch!
Die Fahrt geht schnell durch grüne hügelige Landschaft, die uns an den heimatlichen Odenwald erinnert und schon der Bahnhof in Rouen macht einen sehr guten Eindruck: ruhig, sauber, gepflegt, architektonsch ansprechend. Google Maps führt uns zur Tourist Information direkt vor der Kathedrale und dort berät uns ein sehr netter und kompetenter Mitarbeiter auf englisch. Wir entscheiden uns für eine (deutsche) Audio-Tour mit 25 Stationen. Hier sitzt Ralf im Innenhof des "Aître Saint-Maclou", eines Beinhauses für Pest-Tote als die Friedhöfe nicht mehr ausreichten. Heute sind allerdings Knochen nur noch auf den Schnitzereien zu sehen.
Da Rouen bereits im Mittelalter und der Renaissance - für damalige Verhältnisse - eine Großstadt war, gibt es zahlreiche historische Bauwerke, insbesondere Kirchen und viele Fachwerkhäuser aus unterschiedlichen Epochen. Unten die Kirche Saint Maclou, oben im Titelbild die ehemalige Abteikirche Saint Ouen mit ihrem schönen Garten.
Wir fahren durch wunderhübsche Gassen und der Eindruck vom Bahnhof bestätigt sich: zumindest auf dieser Route ist alles wunderschön und gepflegt, oft mit aufwendigem Blumenschmuck. Es ist ein eigenartiger Gedanke, dass in der Altstadt die Häuser oft seit 600 oder mehr Jahren bewohnt werden.
Für die Mittagspause ist nicht die Frage, wo wir nett sitzen können, sondern eher das Problem, aus den unzähligen schönen Möglichkeiten nur eine auszuwählen. Wir entscheiden uns dann aber ganz spontan für den Place Saint-Amand, wo eine Büste von Claude Monet unter einem blühenden Baum steht. Er hat (unter anderem) die Kathedrale hier 33 Mal zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten und mit verschiedenen Lichtsituationen gemalt (Klick).
Unsere Lieblingskirche ist jedoch ein moderneres Bauwerk: L'église Sainte-Jeanne-d'Arc, Baujahr 1989, die laut unserem Reiseführer aussieht "wie eine Sprungschanze in die Seligkeit". Wie wahrscheinlich bekannt ist, ist Jeanne d'Arc, ein Bauernmädchen mit Visionen, damit nicht zum Arzt gegangen, sondern zum Dauphin, dem französischen Thronfolger, der gerade im Hundertjährigen Krieg gegen die Engländer kämpfte. Sie überzeugte ihn, ihr Truppen zur Verfügung zu stellen und damit befreite sie die belagerte Stadt  Orléans. Durch Verrat wurde sie gefangengenommen und in mehreren Prozessen hier in Rouen zu Tode verurteilt. Die Kirche steht auf dem Platz, an dem sie verbrannt wurde.
Jeanne wurde bereits 25 Jahre nach ihrem Tod rehabilitiert und Anfang des 20. Jahrhunderts erst selig und dann heilig gesprochen. In und vor der Kirche sind verschiedene Skulpturen von ihr zu sehen. Wir finden jedoch besonders beeindruckend die Fenster, die aus der im 2. Weltkrieg zerstörten Kirche Saint Vincent (die Fenster wurden vor der Zerstörung ausgebaut).
Der Rückweg führt dann durch "Le Gros Horloge", den großen Uhrturm. Gerne hätten wir uns die astronomische Uhr aus dem 14. Jahrhundert im Detail angesehen, aber es ist mal wieder Montag, und es ist - wie auch das interaktive "Memorial Jeanne d'Arc - heute geschlossen...
Dann müssen wir natürlich noch die gotische Kathedrale anschauen, eindrucksvoll von außen...
...und von innen. Funfact: hier ist das Herz von Richard Löwenherz (Richard I von England und gleichzeitig Herzog der Normandie) begraben. Gehirn und Eingeweide liegen in Châlus, wo er starb  und der Rest des Körpers in der Abtei Fontevraud neben seinem Vater .
Damit ist unsere Audio-Tour abgeschlossen - Rouen hätte noch Vieles zu bieten aber wir belassen es bei Kaffee, Tee und Kuchen - wieder an einem sehr schönen Ort...
...bevor es wieder zurück nach Dieppe geht. Dort essen wir zu abend, packen schon einmal die Räder ein und berechnen, wann wir morgen wegfahren müssen. Nicht ganz einfach, denn wir wollen einen Hafen anlaufen, der nur bei Hochwasser zu erreichen ist und das erfordert genaues Timing.

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