Wir hatten glücklicherweise eine ruhige Nacht und der Tag
heute ist nicht ganz so heiß. Es ist wieder nur sehr wenig Wind und daher richten
wir uns nach dem Strom, der uns dann auch gut mitschiebt. So haben wir schnell
unser Tagesziel erreicht, den Bohemia River. Allerdings ist er nicht so tief,
wie und unseren Karten (elektronisch und auf Papier) ausgewiesen. Hier sollen
bei tiefster Ebbe 2,10 m Wasser sein und das Echolot zeigt auch 2,10 m an, aber
jetzt ist Flut und später hätten wir dann 60 cm weniger… Also fahren wir wieder
aus der Flussmündung heraus und ankern neben dem Fahrwasser.
Wir machen uns Gedanken über die nächsten Tage und
überlegen, welche Häfen und Ankerplätze in Frage kommen. In der Chesapeake Bay
gab es an jedem dicken Baum eine Möglichkeit, aber der Delaware ist wesentlich
weniger erschlossen und es gibt dort starke Tidenströme, so dass wir zur
richtigen Zeit los müssen. Wir überlegen verschiedene Szenarien und entscheiden
uns dann, heute noch nach Chesapeake City weiterzufahren. Es geht durch eine
schöne Flusslandschaft mit hübschen Häusern.
Chesapeake City liegt nicht an der Chesapeake Bay, sondern am Chesapeake & Delaware Kanal. Hier ist segeln verboten und es gibt wieder
die Seezeichen, die wir aus dem ICW kennen. Heute ist Feiertag und
bei dem sonnigen Wetter ist gefühlt die ganze Welt einen Ausflug mit dem Motorboot.
Wir werden rechts und links überholt und jeder macht große Wellen, die unser
Boot ganz schön zum Schaukeln bringen.
In Chesapeake City gibt es direkt am Kanal eine Marina mit
einem großen Becken, in dem geankert werden darf. Wir hatten erst Zweifel, ob
es für uns tief genug ist, aber eine Recherche im Internet ergab, dass es gerade
frisch ausgebaggert worden ist – also nix wie hin. Unterwegs überholen wir
wieder unseren Mitsegler von gestern, der auch heute tapfer die Segel oben hat.
Später kommt er auch an den Ankerplatz und wir unterhalten uns nett.
Ein kleiner Fluss mündet in das Ankerbecken und die leichte
Strömung sorgt dafür, dass die Triton ordentlich liegt und das Wasser so sauber
ist, dass wir wieder schwimmen gehen können. Dann kommen noch die Nägel an die
Reihe und zur Feier des Tages sogar etwas Nagellack. So aufgehübscht rudert uns
Ralf an Land, wo wir essen gehen wollen.
Im Zweifel sind wir bei Essen gehen mit Pizza immer sehr gut
gefahren. Etwas, dass wir nicht an Bord kochen und das meistens recht gut
schmeckt, so auch hier. Das Restaurant ist gut besucht, aber ich hatte
irgendwie erwartet, dass es heute – am Unabhängigkeitstag – mehr Deko in den
Nationalfarben gibt und dass die Leute die entsprechend Klamotten tragen, die
wir in den Geschäften gesehen haben. Aber es sieht alles ganz normal aus.
Es gibt noch nicht einmal ein Feuerwerk. Wir erfahren, dass die
Orte an der Chesapeake Bay und am Kanal sich abgesprochen haben und dass es die
ganze Woche jeden Abend an einem anderen Ort knallt. Hier war der große Tag am
Montag. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als die beleuchteten Stege
(immerhin rot, weiß und blau) zu fotografieren.
Für uns hat der Tag aber auch eine persönliche Bedeutung,
denn heute vor einem Jahr sind wir ziemlich erschöpft in Workum angekommen –
das erste Halbjahr 2017 war mit Arbeit und Vorbereitungen doch recht intensiv.
Ich habe es tatsächlich geschafft, nahezu jeden Tag zu bloggen und bin
mittlerweile sehr froh darüber, denn es gab so vielen Eindrücke und Erlebnisse, dass ich einige gar nicht mehr
zuordnen kann. Nun kann ich jedes Tag nachlesen, wo wir vor einem Jahr gewesen
sind. Hier der Link zum Blog: klick
Es war ganz klar eines der interessantesten und abwechslungsreichsten
Jahre meines Lebens und ich habe viel gelernt und über vieles nachgedacht. Gut
gefallen haben mir nicht nur die Segeltage und -nächte und die so unterschiedlichen
Länder und Landschaften, sondern ganz besonders die Begegnungen mit ganz verschiedenen
Menschen: andere Segler, andere Touristen, Künstler, Händler, Guides und
einfach ganz normale Einwohner, mit denen wir auf der Straße ins Gespräch
gekommen sind. Ralf und ich haben den Traum einer Segel-Auszeit schon seit sehr
vielen Jahren und es ist tatsächlich noch viel besser, als ich es mir
vorgestellt hatte!
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