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Mittwoch, 29. August 2018

Tag 421 - Boston: Historischer Boden

Natürlich werden hier in Boston zahlreiche Stadtführungen angeboten. Wir haben uns „The Revolotionary Story Tour“ ausgesucht, die auf Tripadvisor sehr gelobt wird. In 3,5 Stunden erlaufen wir das historische Boston und erfahren Einzelheiten der Revolutionsgeschichte, von der viele entscheidende Vorfälle hier in Boston stattgefunden haben. Boston zur Zeit der Revolution war nur eine kleine Halbinsel, die mittlerweile durch verschiedene Landauffüllungen eine ganz andere Form hat.
Unser Guide Mike hat Amerikanische Geschichte und Politik studiert und versteht es, die Hintergründe der Ereignisse verständlich darzustellen (hier mit einem Bild von Guy Fawkes, dem mit dem „Gunpowder Plot). Verschiedene Teilnehmer der Führung bekommen Ausweise, um historische Figuren darzustellen – ich übernehme John Adams.
Wir beginnen die Tour auf zwei Friedhöfen, auf denen verschiedene der Protagonisten bestattet sind, darunter John Winthorp, Puritaner und erster Gouvaneur der Massachusetts Bay Colony. Boston wurde bereits 1630 von den puritanischen Siedlern gegründet (was nicht zu übersehen ist, denn es gibt überall T-Shirts und Kappen mit entsprechender Aufschrift).
Die weitere Führung konzentriert sich dann aber auf die Revolutionsgeschichte und auf wichtige Bürger der Stadt – viele mit großen Namen. Obere Reihe: Samuel Adams (Bostoner Politiker und Theoretiker), Paul Revere (Silberschmied, Revolutionär), John Adams (Jurist, später Vizepräsident und Präsident), untere Reihe:  Benjamin Franklin (Universalgelehrter und Diplomat), John Hancock (Bostoner Kaufmann und Politiker), Thomas Hutchinson (britischer Gouverneur).
Im Jahr 1765 beschloss das britische Parlament den „Stamp Act“ eine Steuer auf auf Schriftstücke und Dokumente, Karten und auch Würfel. Grund dafür waren unter anderem die Schulden aus dem Siebenjährigen Krieg mit Frankreich (1756-1763). Leicht nachzuvollziehen, dass diese Steuer in den Kolonien auf wenig Gegenliebe stieß. Samuel Adams, der schon gegen den „Sugar Act“ protestiert hatte, argumentierte, dass die Kolonien nicht im Parlament vertreten wären und daher direkte Steuern durch dieses nicht gegen sie festgesetzt werden könnten: „no taxation without representation“. Im Rahmen der Proteste wurde das Haus von Gouverneur Thomas Hutchinson zerstört und John Hancock rief zum Boykott von britischen Produkten auf. Hier die Faneuil Hall, "the Cradle of Liberty", in der viele der entsprechenden Reden gehalten wurden.
Dadurch ließen sich die Briten natürlich nicht von weiteren Steuergesetzen abhalten und die Amerikaner protestierten weiter, zunächst schriftlich und durch Petitionen. Unter anderem wurden von Boston aus Briefe an die anderen Kolonien gesendet. Die Briten waren beunruhigt und verlegten zwei Regimenter nach Boston. In dieser angespannten Atmosphäre kam es 1770 zum „Boston Massacre“. Aus einem kleinen Vorfall zwischen einem Lehrling und einem britischen Soldaten wurde nach dem Eingreifen einer Wache ein Massenprotest bei dem schließlich Soldaten in die Menge schossen, fünf Personen töteten und weitere verletzten.
Der Vorfall wurde von Samuel Adams und Paul Revere genutzt, um gegen die Briten Stimmung zu machen. Entsprechende Pamphlete mit Bildern des Vorfalls wurden veröffentlicht und der Name „Boston Massacre“ geprägt. Die Briten bezeichnen das Ereignis als „Incident on King Street“. Gouverneur Hutchinson ordnete eine vollständige Untersuchung an und John Adams, der spätere amerikanische Präsident, verteidigte die Soldaten vor Gericht, um zu zeigen, dass die Kolonien kein rechtsfreier Raum waren. Letztendlich wurden die britischen Truppen aus Boston abgezogen.
Aber auch damit war die Angelegenheit des Besteuerungsrechts natürlich nicht erledig und 1773 versuchte das britische Parlament mit dem „Tea Act“ durchzusetzen, dass nur aus England importierter (und mit Steuern belegter) Tee verkauft werden durfte. Die Amerikaner bevorzugten geschmuggelten holländischen Tee… Die englischen Teeschiffe wurden von den Kolonien zurückgewiesen, nur in Boston bestand Gouverneur Hutchinson, dass die Schiffe blieben. Das führte dann zur berühmten „Boston Tea Party“, bei der als Mohikaner verkleidete Protestler, die „Sons of Liberty“, alle Teekisten im Meer versenkten.
Nun ging es Schlag auf Schlag in Richtung Krieg, neue, strengere Gesetzt („Intolerable Acts“) von den Briten, die Amerikaner reagierten mit dem ersten Kontinentalkongress, der als De-Facto-Regierung der Vereinigten Staaten agierte. Es kam zu ersten militärischen Aktionen und dann zur Belagerung von Boston (Engländer drinnen, Amerikaner draußen), und dann zur Schlacht von Bunker Hill, bei der die Engländer zwar siegten, aber große Verluste hinnehmen mussten. Schließlich zogen sich die britischen Truppen zurück.
Unser Weg führt uns noch durch das Nordend, damals eine Halbinsel an der Halbinsel, wo wir das Wohnhaus von Paul Revere besichtigen. Heute leben hier viele Bostoner mit italienischen Wurzeln und es gibt entsprechend viele italienische Restaurants.
Wir beenden unsere Tour im „Christopher Columbus Waterfront Park“ – für mich ganz passend, haben wir doch Kolumbus auf der andren Seite des Atlantiks in Baiona und Lissabon getroffen und waren in Porto Santo auf dem Columbus-Festival.
Wir essen wieder eine Kleinigkeit in der Fressmeile – für größere Mahlzeiten ist es viel zu heiß – und waschen noch zwei Maschinen Wäsche. Am Abend will Ralf noch zu einem Konzert in der Bibliothek, aber es stellt sich heraus, dass es erst am Mittwoch ist, statt dessen besucht er noch eine Führung dort.(Foto von Ralf)
Ich bleibe an Bord und genieße einen wunderbaren Sonnenuntergang mit Blick auf die beeindruckende Skyline und ein paar Großsegler.

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