Natürlich werden hier in Boston zahlreiche Stadtführungen
angeboten. Wir haben uns „The Revolotionary Story Tour“ ausgesucht, die auf
Tripadvisor sehr gelobt wird. In 3,5 Stunden erlaufen wir das historische
Boston und erfahren Einzelheiten der Revolutionsgeschichte, von der viele
entscheidende Vorfälle hier in Boston stattgefunden haben. Boston zur Zeit der
Revolution war nur eine kleine Halbinsel, die mittlerweile durch verschiedene
Landauffüllungen eine ganz andere Form hat.
Unser Guide Mike hat Amerikanische Geschichte und Politik
studiert und versteht es, die Hintergründe der Ereignisse verständlich
darzustellen (hier mit einem Bild von Guy Fawkes, dem mit dem „Gunpowder Plot).
Verschiedene Teilnehmer der Führung bekommen Ausweise, um historische Figuren
darzustellen – ich übernehme John Adams.
Wir beginnen die Tour auf zwei Friedhöfen, auf denen verschiedene
der Protagonisten bestattet sind, darunter John Winthorp, Puritaner und erster
Gouvaneur der Massachusetts Bay Colony. Boston wurde bereits 1630 von den puritanischen
Siedlern gegründet (was nicht zu übersehen ist, denn es gibt überall T-Shirts
und Kappen mit entsprechender Aufschrift).
Die weitere Führung konzentriert sich dann aber auf die Revolutionsgeschichte
und auf wichtige Bürger der Stadt – viele mit großen Namen. Obere Reihe: Samuel
Adams (Bostoner Politiker und Theoretiker), Paul Revere (Silberschmied, Revolutionär),
John Adams (Jurist, später Vizepräsident und Präsident), untere Reihe: Benjamin Franklin (Universalgelehrter und
Diplomat), John Hancock (Bostoner Kaufmann und Politiker), Thomas Hutchinson
(britischer Gouverneur).
Im Jahr 1765 beschloss das britische Parlament den „Stamp Act“
eine Steuer auf auf Schriftstücke und Dokumente, Karten und auch Würfel. Grund
dafür waren unter anderem die Schulden aus dem Siebenjährigen Krieg mit Frankreich
(1756-1763). Leicht nachzuvollziehen, dass diese Steuer in den Kolonien auf
wenig Gegenliebe stieß. Samuel Adams, der schon gegen den „Sugar Act“ protestiert
hatte, argumentierte, dass die Kolonien nicht im Parlament vertreten wären und
daher direkte Steuern durch dieses nicht gegen sie festgesetzt werden könnten: „no
taxation without representation“. Im Rahmen der Proteste wurde das Haus von
Gouverneur Thomas Hutchinson zerstört und John Hancock rief zum Boykott von britischen
Produkten auf. Hier die Faneuil Hall, "the Cradle of Liberty", in der
viele der entsprechenden Reden gehalten wurden.
Dadurch ließen sich die Briten natürlich nicht von weiteren
Steuergesetzen abhalten und die Amerikaner protestierten weiter, zunächst
schriftlich und durch Petitionen. Unter anderem wurden von Boston aus Briefe an
die anderen Kolonien gesendet. Die Briten waren beunruhigt und verlegten zwei
Regimenter nach Boston. In dieser angespannten Atmosphäre kam es 1770 zum „Boston
Massacre“. Aus einem kleinen Vorfall zwischen einem Lehrling und einem britischen
Soldaten wurde nach dem Eingreifen einer Wache ein Massenprotest bei dem
schließlich Soldaten in die Menge schossen, fünf Personen töteten und weitere verletzten.
Der Vorfall wurde von Samuel Adams und Paul Revere genutzt,
um gegen die Briten Stimmung zu machen. Entsprechende Pamphlete mit Bildern des
Vorfalls wurden veröffentlicht und der Name „Boston Massacre“ geprägt. Die
Briten bezeichnen das Ereignis als „Incident on King Street“. Gouverneur
Hutchinson ordnete eine vollständige Untersuchung an und John Adams, der spätere
amerikanische Präsident, verteidigte die Soldaten vor Gericht, um zu zeigen,
dass die Kolonien kein rechtsfreier Raum waren. Letztendlich wurden die
britischen Truppen aus Boston abgezogen.
Aber auch damit war die Angelegenheit des Besteuerungsrechts
natürlich nicht erledig und 1773 versuchte das britische Parlament mit dem „Tea
Act“ durchzusetzen, dass nur aus England importierter (und mit Steuern
belegter) Tee verkauft werden durfte. Die Amerikaner bevorzugten geschmuggelten
holländischen Tee… Die englischen Teeschiffe wurden von den Kolonien
zurückgewiesen, nur in Boston bestand Gouverneur Hutchinson, dass die Schiffe
blieben. Das führte dann zur berühmten „Boston Tea Party“, bei der als
Mohikaner verkleidete Protestler, die „Sons of Liberty“, alle Teekisten im Meer
versenkten.
Nun ging es Schlag auf Schlag in Richtung Krieg, neue,
strengere Gesetzt („Intolerable Acts“) von den Briten, die Amerikaner
reagierten mit dem ersten Kontinentalkongress, der als De-Facto-Regierung der Vereinigten
Staaten agierte. Es kam zu ersten militärischen Aktionen und dann zur
Belagerung von Boston (Engländer drinnen, Amerikaner draußen), und dann zur
Schlacht von Bunker Hill, bei der die Engländer zwar siegten, aber große
Verluste hinnehmen mussten. Schließlich zogen sich die britischen Truppen
zurück.
Unser Weg führt uns noch durch das Nordend, damals eine
Halbinsel an der Halbinsel, wo wir das Wohnhaus von Paul Revere besichtigen. Heute
leben hier viele Bostoner mit italienischen Wurzeln und es gibt entsprechend
viele italienische Restaurants.
Wir beenden unsere Tour im „Christopher Columbus Waterfront
Park“ – für mich ganz passend, haben wir doch Kolumbus auf der andren Seite des
Atlantiks in Baiona und Lissabon getroffen und waren in Porto Santo auf dem Columbus-Festival.
Wir essen wieder eine Kleinigkeit in der Fressmeile – für größere
Mahlzeiten ist es viel zu heiß – und waschen noch zwei Maschinen Wäsche. Am
Abend will Ralf noch zu einem Konzert in der Bibliothek, aber es stellt sich
heraus, dass es erst am Mittwoch ist, statt dessen besucht er noch eine Führung
dort.(Foto von Ralf)
Ich bleibe an Bord und genieße einen wunderbaren
Sonnenuntergang mit Blick auf die beeindruckende Skyline und ein paar
Großsegler.
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