Nach einer unruhigen Nacht mit sehr viel Wind (ich hatte
tatsächlich Alpträume, in denen der Anker slippte…) und heftigen Regen (gut,
jetzt ist das Deck wieder salzfrei) strahlte am Morgen wieder die Sonne. Wir
machten uns gleich auf den Weg zu „Customs and Immigration“ und tatsächlich
gelang es, in nur 45 Minuten alle Formalitäten zu erledigen. Wir haben nun 24
Stunden Zeit, den Staat Grenada zu verlassen. Ralf tankt erst einmal noch
Benzin für unseren Außenborder.
Wir gehen wieder ins Gallery Café, das uns gestern gut
gefallen hat und bekommen dort ein leckers Frühstück. Mit uns am Tisch sitzt
eine Schwedin, die zwei Monate auf der Insel lebt und etwas stöhnt, weil sie
gestern (Karneval) zu lange unterwegs war und viel getanzt hat.
So gestärkt machen wir uns an eine Bustour über die Insel.
Zunächst wollen wir mit Bus Nr. 10 von Tyrell Bay nach Hillsborough und dann
mit Bus 11 ans andere Ende der Insel nach Windward. Im Bus treffen wie einen
Holländer, der jetzt in Kanada lebt, den Winter aber hier auf seinem Boot
verbringt und uns ermuntert, auch nach Kanada zu segeln.
In Hillsborough besuchen wir das kleine Museum mit
Ausstellungsstücken aus der Vergangenheit der Insel und bekommen dort eine
persönliche Führung. Auch hier wurden die Ureinwohner von den Europäern
vollständig ausgerottet und durch afrikanische Sklaven ersetzt. Übrig geblieben
sind nur ein paar Werkzeuge, Tonscherben und Kunstgegenstände. Zusätzlich
bekommen wir noch naive Bilder von Mr Canute Caliste (wie er seine Werke
signiert hat) von seiner Tochter gezeigt. Dargestellt sind fröhliche
Alltagsszenen, Boote, Landschaften und Meerjungfrauen in bunten Farben.
Danach geht es mit dem Bus in den Nordteil der Insel. In
Windward (wie der Name schon sagt, auf der Windseite der Insel) werden auch
heute noch Holzboote gebaut. Der Bootsbau wurde von schottischen Siedlern im
18. Jahrhundert in Carriacou eingeführt und auch heute noch werden die Boote
nach traditionellen Methoden gebaut. Das momentane Projekt soll ein
Frachtschiff werden und ist seit zwei Jahren in Arbeit. Der letzte Bootsbauer
muss nebenher arbeiten, um das Material zu finanzieren. Erst wenn das Boot
schwimmt, gibt es Geld von der Bank. Das wird wahrscheinlich noch eine Weile
dauern…
Ich finde das Bussystem hier wirklich gut. Die Busfahrer
haben eine Lizenz und die Preise sind offiziell festgelegt (hier 3,50 EC, etwas
mehr als 1 €) pro Fahrt. Die individuell gestalteten Busse fahren ohne
speziellen Fahrplan und ohne genaue Haltestellen eine ungefähre Strecke ab.
Jeder kann unterwegs ein- oder aussteigen. Teilweise werden auch nur Pakete
mitgegeben oder es wird ein Umweg gefahren, um noch einer älteren Dame das
Essen zu bringen oder Reisende am Fähranleger abzugeben… So kommen wir prima
wieder nach Tyrell Bay zurück und bewundern dort noch den Hinweis auf freies
Internet im Café.
Nach einer kurzen Verschnaufpause an Bord geht es abends
wieder mit dem Beiboot über die Bucht (bei dem starken Wind eine feuchte
Angelegenheit) ins „Lazy Turtle“ Restaurant, das in unserem Guide wärmstens
empfohlen wurde. Absolut zu Recht: wir sitzen an einem sehr netten Tisch direkt
am Wasser, bekommen sehr leckeren Salat, knusprige Pizza, hervorragenden
Service und zum Dessert noch Schokoladeneis. Das ist so einer von den Momenten, wo
ich mich kneifen muss, um zu realisieren, dass wir wirklich unsere Pizza in
einer karibischen Bucht essen dürfen. Auf dem Rückweg müssen wir dann in der
Dunkelheit unter den zahlreichen Schiffen unser eigenes wiederfinden, aber dank
unsere Solar-Laterne und dem Ankerlicht kein Problem.
Morgen wollen wir weiter, daher schaffen wir noch Motor und
Beiboot aufs Schiff und nehmen zum Abschluss des schönen Tages noch eine Dusche
an Deck. Heute haben wir – im Gegensatz zu gestern – wirklich eine Menge gesehen
und erlebt.
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