Heute haben wir Halbzeit, denn sieben von unseren 14 Monaten
Sabbatical sind vorbei. Zur Feier des Tages haben wir nach dem eher grauen Tag
gestern heute wieder strahlende Sonne. Da wirken die Farben wirklich
postkarten-kitschig! Nach Ostseite und Mitte fahren wir heute auf die Westseite
der Insel. Unsere Fahrt eröffnet auch gleich wunderbare Aussichten über den
Hafen der Hauptstadt St. George’s.
Die Straßen sind ziemlich eng und ohne Mittelstreifen und für
die rund 30 km zu unserem heutigen Ziel setzt Google Maps fast eine Stunde
Fahrtzeit an. Aber Ralf hat ja in England Linksfahren und auf den Kanarischen
Inseln Bergtouren trainiert und so kommen wir gut voran. Außerdem gibt es
unterwegs einiges zu sehen. Wir fahren an der Küste entlang und uns gefällt,
dass an vielen Stellen Randbegrenzungen und Strommasten in den Nationalfarben
Rot, Gelb und Grün gestrichen sind. Es werden auch immer mal wieder Autoreifen
mit diesen Farben zur Verzierung eingesetzt.
Am Straßenrand sind oft Ziegen angebunden, deren Aufgabe es
wohl ist, das Gras auf dem Seitenstreifen kurz zu halten. Hier ein Exemplar
neben einer Werbung für unseren Internetanbieter „Flow“, der auf vielen karibischen
Inseln vertreten ist und uns mit dem wichtigen Draht nach außen versorgt.
Grenada macht auf uns den Eindruck einer „erfolgreichen“
Insel, die es gut in ihre Unabhängigkeit geschafft hat. Tourismus ist wichtig
aber nicht so omnipräsent und die Menschen, die wir treffen sind offen, freundlich,
ehrlich interessiert an einem Gespräch (auch ohne Geschäftsabschluss) und –
sehr zu recht – stolz auf ihr schönes Land. Aus wir zu unserem Ziel, einer
Muskatnuss-Fabrik, kommen, spricht uns Dorothy, eine nette und
geschäftstüchtige Dame an und schlägt uns vor, nach unserem Besuch in der
Fabrik bei ihr vorbeizukommen, weil sie die Gewürze aus dem Shop günstiger
anbietet…
Wir gehen also in die Fabrik, wo wir wieder eine private
Führung bekommen. Grenada ist auch als Gewürzinsel bekannt und das wichtigste
Exportprodukt sind Muskatnüsse. Nach Indonesien ist Grenada der zweitgrößte
Exporteur der Welt. Die Nüsse werden von örtlichen Farmern angebaut und dann in
dieser Fabrik verarbeitet. Am Baum wachsen gelbe Früchte, in deren Inneren sich
der Samen, die eigentliche Nuss, befindet. Diese ist umhüllt von einem Samenmantel,
der „Macis“. Alle Teile können verwendet werden. Aus den Früchten wird z.B.
Marmelade hergestellt und die Macis findet Verwendung als Gewürz und in der
Kosmetikindustrie.
Die Nüsse selbst werden ca. sechs Wochen getrocknet. Danach wird
die Schale entfernt und es erfolgt eine Sortierung nach Qualität. Das geht ganz
einfach, indem sie ins Wasser gelegt werden. Hochwertige Nüsse sinken auf den Grund,
die schlechteren schwimmen oder bleiben sogar an der Oberfläche.
Es geht noch mal kurz auf ein Trockengestell und dann werden
die fertigen Nüsse in Jute-Säcke verpackt, die zugenäht und in die ganze Welt geliefert
werden. Ganz klassisch werden die Säcke noch mit Hilfe von Schablonen beschriftet.
Ich kaufe im Shop eine „Nut-Med“-Creme, die gegen Gelenkschmerzen
helfen soll (ich werde berichten) und bei unserer geschäftstüchtigen Freundin Dorothy
Gewürze und eine Kette. Sie empfiehlt uns auch gleich ein Restaurant in der Nähe,
wo wir richtig leckeres Essen bekommen.
Für den Rückweg haben wir uns noch einen Wasserfall ausgesucht.
Aber erst einmal nehmen wir noch zwei Anhalter mit, eine Großmutter und ihren Enkel
(ganz nett in Schuluniform). Die Verständigung ist etwas mühsam, denn die Dame hat
nicht mehr alle Zähne und spricht etwas undeutlich, als wir sie nach ihrem Ziel
fragen. Auch der Enkel ist keine Hilfe, denn er schreibt bei der Frage nach dem
Namen des Ortes ganz sorgfältig seinen Namen auf… Egal, sie wollen nur ein Stück
die Straße hinunter und wir setzten sie dort ab.
Dann geht es zum Wasserfall, wieder gut getimed, denn uns kommen
wieder mehrere Busse entgegen und wir haben dann den Platz für uns alleine. Hier
spricht uns Devon an, der sein Geld damit verdient, den Wasserfall hinunter zu springen…
Ich bin nicht begeistert (aus Angst, er könnte sich verletzten), aber dann stimmen
wir doch zu.
Auch Ralf und ich können im Becken unter dem Wasserfall schwimmen.
Sehr erfrischend, denn das Wasser ist angenehm kühl und wir bleiben eine ganze Weile
dort. Es gibt auch ein paar kleine Buden, in denen örtliche Handwerker aus abgestorbenen
Korallen gefertigte Kunstwerke verkaufen und wir erstehen einen Kugelschreiber und
einen kleinen geschnitzten Kopf, der Glück bringen soll.
Nach einer Tasse Kaffee und ein paar Keksen nehmen wir gleich
die beiden Künstler mit die Straße hinunter und unterhalten uns nett mit ihnen.
Einer ist doch tatsächlich mit dem kleinen Jungen verwandt, den wir früher am Tag
mitgenommen hatten. Heute hatten wir wirklich viele erfreuliche Begegnungen, angefangen
bei Dame, die uns durch die Fabrik führte über Dorothy, die mir noch ein paar Muskatnüsse
schenkte, den Jungen mit seiner Oma, Devon, den mutigen Wasserfall-Springer, die
beiden Korallen-Künstler und auch den netten Wachmann dort bis zu der Verkäuferin,
die Ralf extra einen „richtigen“ Kaffee kochte.
Erfüllt und glücklich geht es wieder zurück zu unserer Bucht.
Grenada hat es geschafft und Barbados als unsere Lieblingsinsel abgelöst. Die Bewohner
sind genauso freundlich, aber die Insel ist landschaftlich noch schöner, das Preis-Leistungsverhältnis
ist wesentlich besser und die vielen Buchten ergeben ein tolles Segelrevier. Zum
krönenden Abschluss des Tages bekommen wir dann noch einen Regenbogen.
Das hört sich ja ganz wunderbar an. Viel Spaß weiterhin. Ich drück Euch.
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