Zuhause war mein Leben von Uhr und Kalender bestimmt. Durch
meine Lehrverpflichtungen an verschiedenen Schulen und Hochschulen hatte ich
jede Woche einen anderen Stundenplan und oft jeden Tag mehrere Termine. Drei
Abende in der Woche war ich zum Turnen, Akkordeonspielen oder Tanzen unterwegs.
Regelmäßig habe ich meine Eltern besucht und mich mit meinen
Stammtischfreundinnen getroffen. Am Wochenende dann Einladungen und Termine im
Segelclub. Viele schöne Veranstaltungen, aber doch auch ein eng getakteter
Zeitplan.
Eine meiner ersten Taten nach Beginn unseres Sabbaticals war
es, die Kalender-App von einem prominenten Platz auf der Startseite in einen
Unterordner ganz hinten zu verschieben. Neben dem „mehrtägigen Ereignis“ Triton
standen nur noch Geburtstage und der Starttermin über den Atlantik drin. Die
Uhr die wir jetzt bräuchten, zeigt nur die Wochentage an: klick
Aber nun ändert sich das ein wenig, denn wir freuen uns auf
Besucher von daheim und das erfordert etwas Planung. Zunächst haben wir uns
überlegt, in welcher Reihenfolge wir die sieben kanarischen Inseln besuchen
wollen und da ist es sinnvoll, dies von Ost nach West zu tun, denn die
vorherrschende Windrichtung ist in dieser Jahreszeit Nordost (und wir Segler
haben den Wind ab liebsten schräg von hinten). Wir müssen berücksichtigen, dass
jetzt für Segler Hauptsaison ist und die „Atlantic Rallye for Cruisers“ (ARC)
mit rund 300 Schiffen von Gran Canaria aus startet. Also müssen wir Hafenplätze
im Voraus buchen. Und so stehen jetzt wieder einige sehr erfreuliche Termine im
Kalender.
Morgen wollen wir weiter nach Madeira und ich habe die
Navigation vorbereitet und im Plotter eingegeben und wieder Seekarten-Origami
gespielt, d.h. die Karte so gefaltet, dass alle relevanten Teile zu sehen sind
und sie trotzdem in unsere Klarsichthülle passt. Unser erster Hafen wird wahrscheinlich Marina Quinta do Lorde im Osten der Insel. Wir wollen aber auch noch andere
Häfen auf Madeira besuchen und unser Funkgerät reparieren lassen. Außerdem
zickt unsere Wasserpumpe. Ralf konnte sie zwar mit „leichten Schlägen auf den
Hinterkopf“ wieder zum Leben erwecken, aber sie soll trothdem ausgetauscht werden, denn
ohne sie gibt es Frischwasser nur aus der Fußpumpe im Bad. Sehr lästig.
Heute sind wir aber noch in Porto Santo und – weil wir
gestern vor lauter Schwätzen nicht zum Einkaufen gekommen sind – haben wir kein
Brot mehr an Bord. Also laufen wir wieder am Strand entlang nach Vila Baleira
und gehen dort in unserem Lieblingscafé frühstücken. Für zwei frisch belegte
Brötchen, zwei große Gläser frisch gepressten Orangensaft (4-5 Orangen pro
Glas), zwei sehr gute Kaffeestückchen, Cappuccino und Tee zahlen wir zusammen
8,40 €. Insbesondere Getränke sind hier sehr günstig.
Dann will ich noch ins
Schuhgeschäft, denn ich habe eine Crocs-Spezial-Laden gesehen und ich brauche
offene Bordschuhe. Ralf als überzeugter Croc-Träger ist begeistert von der
Auswahl und schlägt gleich doppelt zu. Ich bekomme noch ein neues Strandkleid.
Mein altes hatte ich hier in der Dusche vergessen und es hat offensichtlich
jemandem gut gefallen…
Zurück im Hafen begrüße ich noch die YUANA, die auch mit uns
die Odyssee segelt und Ralf probiert unsere neu genähten Sonnenschutz-Vorhänge
aus. Das Ergebnis ist sehr effektiv und wir sitzen angenehm im Schatten. Von
außen erinnert mich unser Boot allerdings an den von Christo verhüllten
Reichstag.
Wenn unseren Steg entlangschaue, freue ich mich über die
Vielzahl der Nationalitäten. Unsere direkten Nachbarn kommen aus Österreich und
Italien. Dann gibt es noch Boote, aus Frankreich, England, Holland, Norwegen,
Schweden, Dänemark, Deutschland, Portugal und der Schweiz. Viele Boote zeigen
die Flagge des ARC (s.o.) und wir, die KISU und die YUANA die der Odyssee. Diese
Schiffe wollen also alle über den Atlantik.
Neben den Schuhen haben wir auch Brot gekauft und unsere
Frisch-Vorräte aufgefüllt und so gibt es heute Abend gemischtes Gemüse mit
Knoblauch-Yoghurt-Sauce. Außerdem kochen wir wieder vor, denn wir haben noch
Hackfleisch im Kühlschrank. In den nächsten Tagen werden wir wahrscheinlich
nicht verhungern.
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