Montag: Abschied von Lissabon
Wie immer, wenn wir segeln, mache ich meine Runde durchs
Schiff: Alle Luken schließen und zuschrauben, Seeventil im Klo schließen, alles
wegräumen und/oder gegen herausfallen sichern, Gas aus, Sicherungen für
Windanzeige und Logge (das ist der Tacho auf einem Schiff) an, Funkgerät an und
heute auch das Iridium-Telefon. Weil wir ein größeres Stück vorhaben, koche ich
noch eine große Kanne Tee und mache ein paar belegte Brote. Das geht alles im
Hafen viel einfacher als unterwegs.
Dann lege ich die Sachen für draußen bereit: Seekarten auf Papier,
Logbuch, Fotoapparat, Brille und Sonnenbrille, Kappe. Im Cockpit starte ich
dann das Handfunkgerät und unseren Plotter (= Navigationsgerät) und den Kurs,
den ich gestern Abend schon eingegeben habe. Ralf hat inzwischen an Deck alles
klargemacht. Das Bimini weggeräumt, die Persenning (Abdeckhülle) vom Groß
genommen, die Windfahne montiert, alles gesichert und festgebunden.
Die Schleuse am Hafen sollte um 8:15 p.Z. (portugiesische
Zeit) geöffnet werden und um 9:00 (Bordzeit) sind wir dann unterwegs. Zunächst
geht es ein ganzes Stück wieder den Tejo hinunter. Wie geplant schiebt der
Fluss und die Tide und geht es schnell Richtung Atlantik. Unterwegs haben wir
aber noch Zeit, die vorbereiteten Brote zu essen.
Und wir können noch einen letzten Blick auf das
Stadtpanorama werfen. Hier nochmal vom Wasser aus der Blick auf das „Museum of
Art, Architecture and Technology“ (MAAT, siehe gestern), das sich sehr elegant
in die Stadtansicht einfügt.
Draußen treffen wir dann auf den angesagten Wind: nördliche
Richtung, Stärke 5-6 Beaufort (kräftig). Da wir nach Südwesten wollen kommt der
Wind zunächst von schräg hinten, so dass beide Segel backbord (links) gefahren
werden können. Bei diesen Bedingungen fängt die Triton an zu rennen und wir
kommen gut voran. Abends setzen wir dann noch den Fockbaum. Der Wind soll auf
Nordost drehen, das ist genau von hinten und dann deckt das Großsegel das
Focksegel ab. Daher wir dieses dann auf der anderen Seite ausgebaumt. Diese
Segelstellung nennt man Schmetterling. Noch ist das nicht nötig, aber wir
wollen nachts nicht mit den ganzen Leinen und dem Baum hantieren, daher
bereiten wir alles schon im Hellen vor.
Dienstag: Schnell und schaukelig
Wir verwenden wieder unser bewährtes Wachsystem: wir
besprechen wer müde ist und der legt sich hin. Meist wachen wir nach 3-4
Stunden wieder von selbst auf und lösen dann den anderen ab. Spätestens nach
der ersten Nacht läuft das dann auch tagsüber weiter. Bei Wachwechsel gibt es
oft etwas zu essen und es werden ggf. Segelmanöver durchgeführt. So auch diese
Nacht, denn tatsächlich dreht der Wind wie angesagt, so dass wir die Fock auf
die andere Seite ziehen – dank der Vorbereitungen auch im Dunkeln schnell
erledigt und bleibt den ganzen Tag so stehen.
Wir haben in den ersten 24 Stunden 169 sm zurückgelegt, ein
Schnitt von 7 kn, für unser Schiff richtig gut. Der Preis für diese
Geschwindigkeit ist, gerade bei Wind ziemlich von hinten, ein heftiges Geschaukel,
dass zu einer recht unbequemen Fahrt führt. Nichts geht „mal eben schnell“
sondern nur, wenn man sich selbst und alles, was man benutzen möchte,
sorgfältig gegen Um- oder Herunterfallen sichert. Ralfs neues Hobby ist es,
Quellen von Klappern, Knirschen, Klicken oder Knarren aufzuspüren und zu
beseitigen, damit er besser schlafen kann.
Das Meer ist erstaunlich leer – nach Durchquerung einer
Schifffahrtsroute am ersten Tag sehen wir zunächst kein Schiff mehr, kein
Fischerfähnchen, keine Tiere, keine Seezeichen, nur wir, der Ozean (mehrere
Kilometer tief) und der Himmel. Leider fällt unser Funkgerät aus und gibt keine
Mucks mehr von sich – ärgerlich, denn es empfängt auch die AIS-Signale (Automatic
Identification System) der anderen Schiffe und so müssen wir noch besser
aufpassen und bekommen keine Informationen mehr über Art des Schiffes, Kurs und
Geschwindigkeit. Heute sehen wir genau ein Schiff – und das kommt von schräg
hinten auf uns zu – so viel Wasser und dann treffen wir uns fast! Wir bleiben
cool und es geht dicht vor uns vorbei.
Mittwoch: Schönes Segeln
Auch in der Nacht haben wir nochmals eine ähnliche Begegnung
mit einem Schiff und wünschen uns unser AIS, um Schiff und Kurs zu identifizieren.
Um ca. 21:00 Uhr ist es dunkel und der Halbmond geht erst so gegen 0:00 Uhr auf
– bis dahin ist es wirklich stockpechrabenschwarze Nacht, so dass wir teilweise
nicht einmal den Bug der Triton erkennen können. Mitten in dieser Dunkelheit
sehe ich dann schräg hinter uns ein kleines Licht, dass je nach Wellental oder
-berg auftaucht oder wieder verschwindet. Nach einer Weile sind es dann zwei
Lichter – aha, ein Schiff über 50 m Länge. Und es kommt auf uns zu, denn die
Peilung steht.
Als dann auch noch das rote Seitenlicht erkennen kann, rufe
ich Ralf, denn möglicherweise müssen wir ein Ausweichmanöver fahren. Jetzt ein
Funkgerät, dann könnten wir mal anrufen… aber das ist ja kaputt. Mit unserer
Segelstellung (Groß festgebunden, Fock ausgebaumt, Wind von hinten) haben wir
nur wenig Möglichkeiten. Schneller geht nicht, abfallen nur mit einem
aufwendigen Manöver, also bleibt noch anluven oder langsamer fahren. Ralf hat
schon alles klar zum Wegnehmen der Fock, als ich sehe, dass das Schiff den Kurs
ändert und nun parallel zu uns fährt. Es braucht eine gefühlte Ewigkeit, um uns
zu überholen und dann vor uns vorbei zu fahren. Langsam verschwindet dann sein
Hecklicht wieder in der Dunkelheit. Der Rest der Nacht verläuft ereignislos und
ich erlebe den Sonnenaufgang bei meiner Morgenwache.
In den zweiten 24 Stunden sind wir 165 sm gesegelt, wieder
ein sehr gutes Ergebnis für unser Schiff. Wir kommen viel schneller voran, als
gedacht! Mittlerweile haben wir uns an das Geschaukel und die Bordroutine
gewöhnt und dieser Tag macht richtig Spaß. Das Meer hat eine unglaubliche
Farbe, die auf Bildern nur sehr unzureichend wiedergegeben werden kann. Aber
jetzt weiß ich, warum Hochseesegeln auch Blauwassersegeln genannt wird! Auch
die Wellen sehen auf Fotos oder Filmen nicht so beeindruckend aus, wie ich sie
an Bord erlebe, aber hier ist ein kleiner Eindruck.
Wir haben jeden Tag ein gutes warmes Essen gehabt, dass wir –
wie berichtet – schon vorgekocht hatten, so dass es unterwegs nur aufgewärmt
werden muss. Heute gibt es Huhn mit Zwiebeln-Tomaten-Paprika-Sauce und Nudeln. Auf
dem kardanisch aufgehängten Herd wird der Topf zusätzlich noch mit zwei Spangen
befestigt.
Donnerstag: Land in Sicht!
Nachts haben wir einen wieder einen wunderbaren
Sternenhimmel – hier gibt es eben keine „Lichtverschmutzung“ durch künstliche
Beleuchtung und auch der Mond scheint wieder für uns. Ich übernehme die Wache
um 4:30 Uhr und es gibt wieder ein Licht, das neben uns zu sehen ist. Diesmal
ist es nur eines, aber es bleibt hartnäckig auf gleicher Höhe. Wieder vermisse
ich das AIS, dann könnte ich nachsehen, ob es ein Fischer oder vielleicht ein
anderer Segler ist. Wir sind weiter sehr schnell unterwegs und wenn es so
weiter läuft, werden wir unser Ziel Porto Santo (eine kleine Insel neben Madeira)
schon am Vormittag erreichen. Hier ein Blick auf unsere Navigation mit einer
ETA (estimated time of arrival) von 10:07 Uhr.
Gegen 7:00 Uhr geht dann langsam die Sonne auf und ich sehe,
dass das nächtliche Licht tatsächlich ein anderer Segler war, der die ganze
Nacht mit uns gefahren ist. Außerdem bewundere ich die eindrucksvollen Berge
von Porto Santo mit dem kleinen Leuchtturm, der mir nachts den Weg gewiesen
hat. Auch in den dritten 24 Stunden haben wir wieder 166 sm zurückgelegt.
Bis wir dann tatsächlich in der Marina festgemacht haben,
brauchen wir noch 10 sm und zwei Stunden, so dass wir am Ende 510 sm und 74
Stunden für die Fahrt gebraucht haben. Wir binden das Boot gut fest, denn hier
gibt es heftige Fallböen und der Fingersteg ist sehr kurz. Wir freuen uns, dass
wir hier die NALA DANICA wiedertreffen, die wir zuletzt bei Start der Biskaya-Überquerung
in Falmouth gesehen haben.
Dann beseitigen wir die Spuren der Fahrt an und unter Deck. Sonst
steht heute nur noch Schlafen, Essen und Duschen und die Anmeldung bei
Hafenamt, Zoll und Polizei auf dem Programm. Wir sind sehr froh, dass die
Überfahrt so gut und schnell geklappt hat!
Da ist ja rekordverdächtig! Willkommen in den Madeiras. Ich hoffe, Ihr habt ein bisschen Zeit um Euch umzugucken (und nach der AKKA auf der Hafenmauer zu suchen, bzw. nach dem, was von ihr übrig ist...)
AntwortenLöschenDas war ja sehr aufregend!
AntwortenLöschenDer Ausfall der Technik ist sehe ärgerlich. Ich hoffe ihr könnt es schnell reparieren.
Der Sternenhimmel muss fantastisch sein.