Grau, kalt, Wind, Regen - da ist es schön, dass wir erst einmal im Bett liegen bleiben können... Dann machen wir uns aber doch auf dem Weg zum Dover Castle. Wir erinnern uns, dass Taxis in England günstig sind und tatsächlich kostet die Fahrt nur 6 Pfund. Die Burganlage ist die größte Englands und hat bis einschließlich des zweiten Weltkriegs große strategische Bedeutung gehabt.
Als wir ankommen, regnet es gerade recht heftig und wir überlegen uns, dass wir uns die "War-Tunnel" ansehen könnten. Dort wären wir geschützt und die Führung ist im Eintrittspreis enthalten. Dazu müssen wir uns aber erst einmal auf der Karte orientieren und obwohl wir jetzt den Nordatlantik navigatorische bewältigt haben, fällt es uns schwer, auf dem zur Verfügung gestellten Plan die Wege und Entfernungen zu erkennen. Vielleicht wäre ein klassische Kartenansicht von oben doch sinnvoller gewesen...
Dazu kommt, dass der Eingang nicht beschriftet ist, zumindest nicht mit War-Tunnel... wir sind ziemlich nass geworden und flüchten erst einmal in ein Café. Satt und etwas trockener machen wir dann den zweiten Versuch, diesmal erfolgreich... In den Tunneln war im 2. Weltkrieg eine Militärische Kommandozentrale und eine Telefon-Vermittlungsstelle untergebracht. Die Führung beschäftigt sich vor allem mit der "Operation Dynamo", bei der vom 26. Mai bis 4. Juni 1940 fast 340.000 englische und französische Soldaten aus dem von den Deutschen eingeschlossenen Dunkerque (Dünkirchen) gerettet wurden.
Für uns ist das natürlich besonders passend, denn wir wollen morgen nach Dunkerque segeln. Die Führung ist interaktiv mit Radioansprachen, Film und einer Präsentation, bei der Bilder direkt auf die Tunnelwand geworfen werden - sehr eindrucksvoll! Die Evakuierung wurde nicht nur von militärischen Schiffen durchgeführt, sondern es war auch eine große Anzahl von Arbeits- und Privatbooten (Little Ships of Dunkirk) durchgeführt. Nach der Führung besichtigen wir noch die verschiedenen Kommandoräume.
Auf dem Gelände gibt es auch einen römischen Leuchtturm und eine Kapelle aus angelsächsischer Zeit, aber wir wenden uns als nächstes dem "Great Tower" zu, der um 1180 von König Henry II errichtet wurde. Die Burg hatte strategische Bedeutung ("Schlüssel zu England") wurde aber auch benutzt, um Gäste zu empfangen. Sie wird jetzt vom "English Heritage Trust" verwaltet, der über 400 historische Stätten in England betreut. Offizieller Kommandant der Burg ist der "Lord Warden of the Cinque Ports", ein Amt, das seit dem 12. Jahrhundert vergeben wird und das unter anderem Winston Churchill und die Queen Mom innehatten.
Die verschiedenen Räume der Burg (Thronsaal, Schlafkammer, Wachstube, Küche, Kapelle) sind liebevoll eingerichtet. Möbel, Wandbehänge und Alltagsgegenstände wurden nachgebildet und da es sich nicht um Originale handelt, kann alles angefasst und ausprobiert werden. Es gibt keine Schilder aber überall stehen Mitarbeiter - teilweise in entsprechenden Kostümen - bereit um freundlich und kompetent Auskunft zu geben - Geschichte zum Anfassen!
Von unserem erhöhten Standpunkt können wir den Hafen von Dover gut überblicken - und auch den regen Verkehr von Fähren mit Passagieren und LKWs beobachten:
Auf der anderen Seite des Hafens hat ein Kreuzfahrtschiff angelegt und im Vordergrund ist der neue - im Bau befindliche - Yachthafen zu erkennen. Wir liegen noch in der alten Marina (weiter rechts und nicht im Bild).
Die Burg ist auf jeden Fall einen Besuch wert und wir kehren, etwas feucht aber zufrieden aufs Boot zurück. Ich lege mich ein wenig hin, werde aber von einem entsetzlichen Geruch geweckt... mein lieber Mann, der sonst immer sehr überlegt handelt, hat beschlossen, dass ein Boot mit wegen des Regens geschlossenen Fenstern, mit Kuchenbude überdachtem Cockpit und mit laufender Heizung der richtige Ort ist, um ein paar Hölzer mit sehr aggressivem Abbeizer zu behandeln... ich bekomme echte Atemnot und verlasse unter Protest das Boot, eingehüllt in Regenklamotten - allerdings nur in Richtung Dusche... Irgendwo haben wir gelesen, dass es hier preisgekrönte Dusche gibt, was für ein Preis bleibt ein Geheimnis, möglicherweise die goldene Himbeere für die schlechtesten Waschräume unserer Reise? Das Wasser läuft nur jeweils 5 Sekunden (nachgezählt), ändert in dieser Zeit aber die Temperatur von kochendheiß bis eiskalt...
Egal, am Ende bin ich sauberer als vorher und zurück auf dem Boot empfängt mich der köstliche Geruch von gutem Essen anstelle des Gestanks von Lösungsmittel...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.