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Samstag, 18. August 2018

Tag 410 - Provincetown-York Harbor: Meuterei und Lobsterpott

Wir haben Wetter und Seekarten studiert und wenn wir noch nach Norden wollen, heißt es „Heute Nacht oder erst mal nicht mehr!“ Morgens ist noch Flaute, nachmittags kommt Wind aus südlichen Richtungen und ab Samstag mittag dann ungünstiger Nordwind. Der Plan ist: ein großer Sprung an unseren nördlichsten Punkt und dann gemütlich an der Küste entlang zurück zu unserem Winterlager in Cape Cod (Dennis). Bei Rückenwind müssen wir ausbaumen und da stört das Dinghy, also raus damit. Es war jetzt eine Weile im Wasser und Ralf flucht, weil es so stark bewachsen ist.
Als Ziel haben wir uns York Harbor ganz im Süden von Maine ausgesucht. Wegen der zahlreichen Lobsterpötte wollen wir im Hellen wegsegeln und auch im Hellen ankommen. Optimal wäre also eine Abfahrt am Spätnachmittag, aber weil wir die Mooring räumen müssen, fahren wir schon kurz nach 14:00 Uhr los und motoren erst einmal bei wenig Wind um den Sandhaken. Ralf will die Segel schon hochziehen, ich will warten, bis wir auf Kurs sind und sehen können, auf welche Seite sie müssen, um eine Halse zu vermeiden… Ich meutere und verweigere die Mitarbeit, Ralf fängt an, das Segel alleine hochzuziehen, aber „James“ fährt nicht richtig in den Wind… Das kann ich mir nicht ansehen und so übernehme ich dann doch das Ruder. Glücklicherweise haben wir so lange diskutiert, dass wir das Segel gleich richtig setzen können…

Nun geht es immer nur geradeaus. Mit Wind von hinten haben wir die Fock ausgebaumt und das Groß festgebunden, damit es nicht versehentlich auf die andere Seite schlägt. In einiger Entfernung neben uns sehen wir auf dem AIS mehrere Schiffe – offensichtlich ist hier die Stelle zum „Whale Watching“. Wir halten natürlich auch Ausschau nach Walen, aber das Einzige, war wir sehen sind zahlreiche Bojen, die Lobsterpötte markieren. Ich philosophiere darüber, dass es so viele Quardratmeter Wasser gibt und – verhältnismäßig – wenige Lobsterpötte, dass sie aber häufig genau vor uns auftauchen. Ralf meint, dass wir normalerweise knapp vorbeifahren und dass wir schon genau ein Tor treffen müssten…
Ich will mich ein wenig hinlegen, denn heute steht ja eine Nachtfahrt an und habe schon den Sicherheitsgurt aus. Wir unterhalten uns noch einen Moment und da passiert es: wir segeln tatsächlich genau in ein Tor. Die Theorie war: beim Segeln sind die Pötte nicht schlimm, denn die Leinen werden sich nicht um den Propeller wickeln… die Praxis zeigt: wir können auch an anderen Stellen hängen bleiben. Die TRITON versucht zu segeln und hinter uns bremst der Pott. Ralf will das Problem schnell lösen und klettert mit dem Enterhaken bewaffnet auf die Badeplattform… Uppps… eine falsche Bewegung und unser guter alter Haken verschwindet langsam nach hinten…
Also müssen wir eine andere Lösung finden. Wir nehmen erst einmal alle Segel herunter, starten die Maschine (ohne Gang) und drehen das Boot mit Hilfe des Bugstrahlruders. Ohne den Zug der Segel können wir eine Boje erreichen und an Bord holen. Aber die Verbindungsleine zur zweiten Boje hängt immer noch. Ein Versuch, sie mit dem Schrubber zu lösen bleibt erfolglos. Das bedeutet Tauchen und eventuell die Leine zerschneiden. Ralf wird mit einem Festmacher gesichert und will erst mal die Lage checken. Schnell ist er wieder oben und strahlt: er konnte uns per Hand befreien. Die Leine war am Skeg des Hauptruders hängen geblieben.
Puh, das ist ja noch mal gut gegangen! Oft hat ein Pott nur eine Boje, die wir – unter Segeln – einfach seitlich wegdrücken würden, aber hier waren es zwei, die mit einer Leine verbunden waren… Lektion gelernt: besser Ausschau halten! Wir fahren noch ein Suchraster für unseren schönen Enterhaken, aber wir finden ihn leider nicht – schade, der hat uns schon lange begleitet! Also auf Kurs gehen, Segel wieder hoch, ausbaumen und erst einmal etwas essen.
Der Rest der Fahrt verläuft ereignislos aber nicht langweilig. Ralf hat Wache von 20:00 – 24:00 Uhr, ich übernehme dann bis ca. halb Fünf. Einmal glaube ich, den Blas eines Wals in der Nähe zu hören, aber zu sehen ist natürlich nichts. Rings um ums gibt es immer wieder Wetterleuten, über uns fliegen Flugzeuge nach Boston. Links neben uns sind Lichter vom Land zu sehen, rechts neben uns gehen Fischer – natürlich ohne AIS – ihrer Arbeit nach.
Durch die ganzen Verzögerungen und weil später auch der Wind schwächer wird kommen wir tatsächlich im Hellen an – gut so, denn auch hier ist Lobsterpott-Revier. Der Hafenmeister ist schon wach und wir können eine Mooring bekommen. Netterweise kostet sie weniger als halb so viel wie in Nantucket oder Provincetown.
Nun müssen wir nur noch die Leine an Bord bekommen, normalerweise wird das mit dem Enterhaken erledigt, aber der ist ja nicht mehr da… Also bastle ich mit Hilfe von Duct-Tape und meinem lieben „Cheater“ (einer Anlegehilfe) einen Ersatz, der prima funktioniert! Hier sieht es jedenfalls sehr nett aus – ähnlich wie in Schweden. Jetzt erst mal Schlaf nachholen und dann die Gegend erkunden.

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