Wir haben Wetter und Seekarten studiert und wenn wir noch
nach Norden wollen, heißt es „Heute Nacht oder erst mal nicht mehr!“ Morgens
ist noch Flaute, nachmittags kommt Wind aus südlichen Richtungen und ab Samstag
mittag dann ungünstiger Nordwind. Der Plan ist: ein großer Sprung an unseren nördlichsten
Punkt und dann gemütlich an der Küste entlang zurück zu unserem Winterlager in
Cape Cod (Dennis). Bei Rückenwind müssen wir ausbaumen und da stört das Dinghy,
also raus damit. Es war jetzt eine Weile im Wasser und Ralf flucht, weil es so
stark bewachsen ist.
Als Ziel haben wir uns York Harbor ganz im Süden von Maine
ausgesucht. Wegen der zahlreichen Lobsterpötte wollen wir im Hellen wegsegeln
und auch im Hellen ankommen. Optimal wäre also eine Abfahrt am Spätnachmittag,
aber weil wir die Mooring räumen müssen, fahren wir schon kurz nach 14:00 Uhr
los und motoren erst einmal bei wenig Wind um den Sandhaken. Ralf will die Segel
schon hochziehen, ich will warten, bis wir auf Kurs sind und sehen können, auf
welche Seite sie müssen, um eine Halse zu vermeiden… Ich meutere und verweigere
die Mitarbeit, Ralf fängt an, das Segel alleine hochzuziehen, aber „James“
fährt nicht richtig in den Wind… Das kann ich mir nicht ansehen und so
übernehme ich dann doch das Ruder. Glücklicherweise haben wir so lange
diskutiert, dass wir das Segel gleich richtig setzen können…
Nun geht es immer nur geradeaus. Mit Wind von hinten haben
wir die Fock ausgebaumt und das Groß festgebunden, damit es nicht versehentlich
auf die andere Seite schlägt. In einiger Entfernung neben uns sehen wir auf dem
AIS mehrere Schiffe – offensichtlich ist hier die Stelle zum „Whale Watching“.
Wir halten natürlich auch Ausschau nach Walen, aber das Einzige, war wir sehen
sind zahlreiche Bojen, die Lobsterpötte markieren. Ich philosophiere darüber,
dass es so viele Quardratmeter Wasser gibt und – verhältnismäßig – wenige Lobsterpötte,
dass sie aber häufig genau vor uns auftauchen. Ralf meint, dass wir
normalerweise knapp vorbeifahren und dass wir schon genau ein Tor treffen
müssten…
Ich will mich ein wenig hinlegen, denn heute steht ja eine
Nachtfahrt an und habe schon den Sicherheitsgurt aus. Wir unterhalten uns noch
einen Moment und da passiert es: wir segeln tatsächlich genau in ein Tor. Die
Theorie war: beim Segeln sind die Pötte nicht schlimm, denn die Leinen werden
sich nicht um den Propeller wickeln… die Praxis zeigt: wir können auch an
anderen Stellen hängen bleiben. Die TRITON versucht zu segeln und hinter uns
bremst der Pott. Ralf will das Problem schnell lösen und klettert mit dem
Enterhaken bewaffnet auf die Badeplattform… Uppps… eine falsche Bewegung und unser
guter alter Haken verschwindet langsam nach hinten…
Puh, das ist ja noch mal gut gegangen! Oft hat ein Pott nur
eine Boje, die wir – unter Segeln – einfach seitlich wegdrücken würden, aber
hier waren es zwei, die mit einer Leine verbunden waren… Lektion gelernt:
besser Ausschau halten! Wir fahren noch ein Suchraster für unseren schönen
Enterhaken, aber wir finden ihn leider nicht – schade, der hat uns schon lange
begleitet! Also auf Kurs gehen, Segel wieder hoch, ausbaumen und erst einmal
etwas essen.
Der Rest der Fahrt verläuft ereignislos aber nicht langweilig.
Ralf hat Wache von 20:00 – 24:00 Uhr, ich übernehme dann bis ca. halb Fünf. Einmal
glaube ich, den Blas eines Wals in der Nähe zu hören, aber zu sehen ist
natürlich nichts. Rings um ums gibt es immer wieder Wetterleuten, über uns
fliegen Flugzeuge nach Boston. Links neben uns sind Lichter vom Land zu sehen,
rechts neben uns gehen Fischer – natürlich ohne AIS – ihrer Arbeit nach.
Durch die ganzen Verzögerungen und weil später auch der Wind
schwächer wird kommen wir tatsächlich im Hellen an – gut so, denn auch hier ist
Lobsterpott-Revier. Der Hafenmeister ist schon wach und wir können eine Mooring
bekommen. Netterweise kostet sie weniger als halb so viel wie in Nantucket oder
Provincetown.
Nun müssen wir nur noch die Leine an Bord bekommen,
normalerweise wird das mit dem Enterhaken erledigt, aber der ist ja nicht mehr
da… Also bastle ich mit Hilfe von Duct-Tape und meinem lieben „Cheater“ (einer
Anlegehilfe) einen Ersatz, der prima funktioniert! Hier sieht es jedenfalls
sehr nett aus – ähnlich wie in Schweden. Jetzt erst mal Schlaf nachholen und
dann die Gegend erkunden.
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